Brandenburgs Geschichte entdecken
Das Archäologische Landesmuseum Brandenburg erschafft eine multimediale Zeitreise von der Steinzeit bis zur Industrialisierung.
Seit Frühjahr 2022 arbeiten neun neue Teams im Verbund museum4punkt0 für die digitale Vermittlung. Wir haben sie zu ihren Projekten befragt, die innerhalb einer kurzen Laufzeit Prototypen entwickeln und dabei gezielt auf eine nachhaltige Nutzbarkeit angelegt sind.
In aller Kürze: Was ist Ziel eures Teilprojekts?
Ziel unseres Teilprojektes „ARCHÄOSKOP“ ist es, Gruppen- und Individualbesuchern des Archäologischen Landesmuseums eine beeindruckende und inspirierende multimediale Zeitreise durch 130.000 Jahre Natur- und Kulturgeschichte des Landes Brandenburg zu präsentieren. Kurz gesagt, die Entwicklung von der Eiszeitlandschaft zur heutigen, komplett vom Menschen überformten Kulturlandschaft.
Diese Zeitreise soll kein akademisch abgewickelter „Wissensinput“ über das Archäologische Landesmuseum sein, sondern der Appell an die intrinsischen und immersiven Interessen der Betrachter*innen in Form einer künstlerisch-medialen, atmosphärisch-raumgreifenden Video-Audio-Projektion (Dauer ca. 15 Minuten). Technisch wird die Installation mit Hilfe von acht Mapping-Beamern, einem Audio-Surround-System und acht großformatigen Projektionsoberflächen (Schnurvorhänge) umgesetzt. Auf der Grundlage gemorphter und animierter Foto-/Video- und Toncollagen werden für die verschiedenen Epochen beispielhafte Natur- und zunehmend Kulturlandschaftssequenzen gezeigt: Von der Eiszeit und der nacheiszeitlichen Tundrenlandschaft über den dichten mesolithischen Urwald, dessen zunehmende Rodung aufgrund des aufkommenden Ackerbaus im Neolithikum, über die stark ritualisierte bronzezeitliche Landschaft, die Landschaftseingriffe in der Römischen Kaiserzeit, die Renaturierung in der weitgehend menschenleeren Völkerwanderungszeit, über die Einwanderung slawischer Stämme, den mittelalterlichen Landesausbau, die Industrielle Revolution bis hin zu unserer heutigen reinen Kulturlandschaft. Die Anwesenheit von Menschen wird in der jeweiligen Landschaft stets nur indirekt durch spezifische Geräusche wie z.B. Stapfen im Schnee, Atmung, Hundegebell, Geraune, Axtschläge beim Roden der Wälder oder Schattenwürfe deutlich gemacht.
Die Überleitung zwischen den Epochen erfolgt in Form eines Morphings aus der Landschaft in ein zeittypisches Artefakt (z.B. ein Faustkeil, ein Tongefäß, Schmuckgegenstände etc.). Diese Objekte finden sich als Exponat in der Dauerausstellung wieder.
Die Projektlaufzeit ist kurz für die Entwicklung eines digitalen Vermittlungsangebots. Was hilft euch bei der Konzeption? Wovon habt ihr profitiert?
Die Anregungen aus vergleichbaren Projekten und der persönliche Austausch innerhalb des Verbundnetzwerks museum4punkt0 kann bei der Lösung konkreter technischer, aber auch logistischer Probleme sehr hilfreich sein. Diesbezügliche Gespräche zu technischen Teilaspekten insbesondere bei den Verbundtreffen waren sehr anregend. Man muss das Rad nicht immer neu erfinden!
Wie begegnet ihr dem dynamischen Wandel von technischen Neuerungen und Nutzungsinteressen?
Ausgehend von unseren Erfahrungen im Ausstellungsbetrieb haben jüngere Museumsbesucher einen selbstverständlicheren und eher spielerischen Umgang mit dem Großthema Digitalisierung. Ältere Generationen sind, so unsere Beobachtungen, häufig aufgrund von mangelnder Alltagskenntnis und -erfahrung verunsichert. Unser Projekt soll sowohl inhaltlich als auch formal eine niederschwellige Heranführung an multimediale Anwendungen ermöglichen, zugleich aber auch die jüngere Generation ansprechen, die aus digitaltechnisch hoch entwickelten Computerspielen perfekte und fotorealistische Standards in der digitalen Abbildungsqualität gewöhnt sind.
Inwiefern ist euer Digitalprojekt nachhaltig? Inwiefern berücksichtigt ihr die langfristige Bereitstellung und Nachnutzung im Haus? Was können andere Häuser nachnutzen?
Unser Teilprojekt ist inhaltlich und formal auf Nachhaltigkeit (Ergänzung/Veränderung/Anpassung/Optimierung) ausgerichtet. Im Sinne des Open-Source-Gedankens stellen wir Erfahrungen aus der Umsetzung und aus dem konkreten Betrieb anderen Institutionen im Projektverbund und darüber hinaus gern zur Verfügung, denn die Grundidee dieser „Zeitreise“ ist auf andere Themen und Regionen Deutschlands übertragbar.
Wie teilt ihr euer Wissen? Wie können andere Kulturinstitutionen von euren Kompetenzen profitieren?
Über den Netzwerkverbund ist ein intensiver und lösungsorientierter, sprich zielführender Austausch zu praktisch allen relevanten technischen, medienrechtlichen und z.T. auch inhaltlichen Aspekten möglich.
Habt ihr zum Schluss einen Tipp? Wie plane ich ein nachhaltiges Digitalprojekt?
Der Erfahrungsaustausch ist das A und O – im Verbund ist man immer stärker! Wie gesagt, kann und muss man das Rad nicht immer neu erfinden!
Fragen von Dr. Maite Kailwait, Antworten von Dr. Rainer Kossian