Biographien-Portal
Überblick
Das Biographien-Portal ist eine digitale Multimedia-Anwendung. Darin zu finden sind Sammlungsobjekte und Lebensgeschichten von Ein- bzw. Ausgewanderten. Die interaktive Plattform erlaubt durch Objekte, Fotos, Videos und Texte einen vielschichten Zugang zu Migrationsgeschichten. Über einen Touchscreen können Besucher*innen im Museum durch das Portal navigieren – entweder intuitiv oder gezielt nach Kategorien, wie Zeiträumen, Migrationsarten und -gründen. Basis der Plattform ist eine auf Excel beruhende Datenbank. Durch die zahlreichen Verknüpfungsmöglichkeiten der Einträge innerhalb der Datenbank entstehen neue Zugänge und Verbindungen zwischen Lebensgeschichten und Objekten sowie zwischen Ein- und Auswanderung. Als partizipatives Element können Nutzer*innen ihre Kontaktdaten sowie erste Angaben zu ihrer eigenen Ein- bzw. Auswanderungsgeschichte über ein Formular im Portal an das Deutsche Auswandererhaus übermitteln und in der Folge Teil des Biographien-Portals werden.
Bibliographische Angaben
- Institution
- Deutsches Auswandererhaus Bremerhaven
- Teilprojekt
- Migrationsgeschichte digital erleben
- Autor*innen
- Birgit Burghart
- Veröffentlicht
- 10.07.2023
- Lizenz der Publikation
- CC BY-NC-ND 4.0
- Kontakt
- Deutsches Auswandererhaus Bremerhaven
Deutsches Auswandererhaus Bremerhaven
info@dah-bremerhaven.de
Entwicklung
Das Museum hat eine stetig wachsende Sammlung biographischer Konvolute von Aus- und Einwandererfamilien mit Dokumenten, Fotos und persönlichen Erinnerungsobjekte, ergänzt durch Oral-History-Interviews. Leider kann schon aus Platzgründen nur ein kleiner Teil all dieser Geschichten und Objekte in der Dauerausstellung oder in Sonderausstellungen gezeigt werden.
Digitale Möglichkeiten wurden zum einen als niedrigschwellige Chance gesehen, weitere familiäre Migrationsgeschichten für die Sammlung und die daran anknüpfende Biographieforschung zu gewinnen. Diese individuellen Migrationsgeschichten sollten zum anderen aber auch für Besucher*innen sichtbar werden und diesen neue Einblicke in die vielfältige Sammlung und das Oral-History-Archiv eröffnen. Beide Ziele – Sammeln und Präsentieren – in einer Anwendung zu verknüpfen macht in einem alltagsgeschichtlichen Museum auch deshalb Sinn, weil das Kennenlernen anderer Lebensgeschichten dazu einladen kann, auch die eigene Geschichte als bewahrens- und erzählenswert zu erkennen, wenngleich sie der*diejenige selbst möglicherweise zunächst als alltäglich-unspektakulär einschätzt. Um eine gewisse Systematik in die Fülle der Beiträge zu bringen, sie dadurch inhaltlich zu erschließen und auffindbar zu machen, werden diese jeweils der Wanderungsbewegung, dem Zeitraum und weiteren Kategorien zugeordnet, zu der sie gehören.
Inhaltliches Konzept
Mit dem Biographien-Portal sollte eine partizipative Anwendung geschaffen werden, die neue Verknüpfungen zwischen Personen und Aus- und Einwanderungsgeschichten ermöglicht.
Das Biographien-Portal gibt anhand von Texten, Fotos und Videos einen Einblick in persönliche Aus- und Einwanderungsgeschichten. Das Thema Migration soll damit konkret, individuell und menschlich gezeigt werden. Das Biographien-Portal ermöglicht es, persönliche Bezüge zu den Ein- und Auswander*innen zu entdecken, weil die dahinterliegende Datenbank mit ihren unzähligen Verknüpfungsmöglichkeiten viele neue Zugänge anbietet, die die individuellen Interessen der Besucherinnen und Besucher wiederspiegeln und neue Verbindungen entdecken lassen.
Die Nutzer können darüber hinaus mit ihrer eigenen Geschichte Teil des Portals werden, egal ob sie bzw. ihre Vorfahren für kurz oder lang, freiwillig oder unfreiwillig ihren Heimatort verlassen und andernorts eine neue Heimat gefunden haben. Über eine Maske können die Nutzer Informationen zu ihrer eigenen Geschichte sowie ihre Kontaktdaten eingeben. Das Portal wächst somit stetig um weitere Geschichten und Objekte an, die entsprechend der Verschlagwortung mit den bereits bestehenden verknüpft werden.
Technisches Konzept
Die eigentlichen Inhalte bestehen im Wesentlichen aus einer Excel-Datei. Diese ist mit dem Quellcode der Anwendung auf GitHub hinterlegt. Sie besteht aus 6 Tabellen: Der Haupttabelle und 5 relational verknüpften Untertabellen, in der Zeiträume, Migrationsarten, Migrationsgründe, Folgen und Historische Hintergründe definiert werden. Nach diesen kann der*die Besucher*in filtern. In der Haupttabelle werden die einzelnen Einträge angelegt, die Haupttexte eingepflegt und definiert, ob zusätzlich Bilder bzw. Videos gezeigt werden sollen und Angaben hierzu hinterlegt, etwa Rechteangaben. Die Bild- und Videodateien werden in einem zugehörigen Ordner abgelegt, die Zuordnung erfolgt durch den Dateinamen, der entsprechend auch in der Excel-Liste eingetragen wird. Die Bitrate der Videos sollte bei 25Mbit/sec liegen, je nach Leistungsfähigkeit der verwendeten Hardware. Kodierung: H.264 Auflösung: Full-HD. Über die Excel-Tabelle können berechtigte Museumsmitarbeiter*innen jederzeit neue Einträge in das Portal einpflegen, ohne dass es eines Zwischenschritts über die Programmierer bedarf.
Die Besucher*innen navigieren über Touchbildschirme durch das Portal. Über einen Einhandhörer lässt sich der Ton der Videos hören.
Nach Programmstart und Begrüßungsbildschirm wird dem*der Besucher*in eine umfangreiche Liste mit allen Biographien angezeigt. Diese kann der*die Besucher*in wie oben beschrieben über die Filter eingrenzen. Innerhalb der Biographie können weitere Biographien verlinkt sein, wenn sie ähnlich sind, also eine gewisse Schnittmenge bei der Zuordnung innerhalb der thematischen Kategorien aufweisen.
Die Besuchenden haben außerdem die Möglichkeit, über ein Formular Eckdaten ihrer eigenen Ein- bzw. Auswanderungsgeschichte zu hinterlegen und um Kontaktaufnahme durch Mitarbeitende des Museums zu bitten. Diese führen dann Oral-History-Interviews mit den Personen durch.
Nachnutzung und Weiterentwicklung
Die Software läuft auf einem handelsüblichen PC unter dem Betriebssystem Microsoft Windows 10. Sie benötigt das Microsoft .net Framework 4.8. An die Hardware werden keine speziellen Anforderungen gestellt, am rechenintensivsten ist die Darstellung von Videos.
Bereitstellung der Nachnutzung
Die Quelldateien mitsamt technischer Dokumentation steht anderen Kultureinrichtungen zum Download und zur individuellen Anpassung auf GitHub zur Verfügung. Weitere Elemente der Nachnutzung finden Sie im Anhang dieser Publikation.
Besucherforschung und Usability Tests
Zunächst wurde eine mobile Station zu Testzwecken eingerichtet. Anhand eines Fragebogens wurden Nutzer*innen zur Verständlichkeit und Bedienbarkeit, Intuitivität der Navigation, etc. befragt. Die Rückmeldungen wurden entsprechend eingearbeitet.
Erfahrungen
Neu hinzukommende Objekte und Geschichten lassen sich unkompliziert über eine Excel-Liste in das System einpflegen. Andere textliche Elemente, wie die Ansprache der Nutzer*innen und die Benennung der Ordnungskategorien, sind leider nicht durch das Museum veränderbar. Dabei haben sich bei der Nutzung in diesem Bereich immer wieder Anpassungsbedarfe ergeben, die erst in der Interaktion mit den Nutzer*innen zutage getreten sind und entsprechend zum Zeitpunkt der Programmierung nicht abzusehen waren. Diese Anpassungen sind nur durch die Programmierer möglich. Dies würde das DAH beim nächsten Mal sicherlich anders gestalten, sodass das Museum mehr Handlungsfreiheit hätte.
Die Eingabemaske wurde nach der ersten Phase, in der das Portal in Betrieb war, um weitere Eingabefelder erweitert, um von vorneherein etwas mehr über die Person zu erfahren. Dies schien hilfreich, um von Anfang an den*die passende*n Ansprechpartner*in im Haus zu finden und eine individuellere Ansprache zu ermöglichen.
Die Resonanz der Besucher*innen auf das Portal ist sehr erfreulich. Wie zu erwarten war, werden im Kontaktformular zwar auch immer wieder Nonsense-Einträge hinterlassen, diese lassen sich aber fast immer sehr schnell als solche erkennen. Auch verfliegt bei manchem, der im Museum das Kontaktformular ausgefüllt hat, zu Hause der Elan doch wieder, sich mit der eigenen Geschichte zu beteiligen. Das ist schade, aber es überwiegen bei Weitem die gewonnenen Kontakte und Geschichten, die über das Biographien-Portal angebahnt werden können. Die Hemmschwelle über das Portal eine Nachricht an das DAH zu senden scheint geringer, als aktiv eine*n Museummitarbeiter*in per Mail anzuschreiben und die eigene Geschichte als Schenkung anzubieten. Das Portal wird also, wie erhofft, auch in den nächsten Jahren weiter wachsen.