Das Narretarium – das 360°-Projektionskino im Fastnachtsmuseum
Überblick
Information und Dokumentation
Verwandte Ergebnisse
Im Rahmen des bundesweiten Projektes museum4punkt0 wurden im Fastnachtsmuseum Narrenschopf 360-Grad-Filme von Fastnachts-Bräuchen erstellt. Für das gemeinsame Erleben dieser Filme wurde eine sogenannte teilstationäre 360°-Kuppel aufgebaut, welche sich auch optisch wunderbar in das Gebäudeensemble des Museumsbaus einfügt, welcher aus 3 Kuppelbauten besteht. Der Weg zur Projektionskuppel war lang, nach ersten Visionen mit vielen Abstrichen verbunden, doch am Ende steht eine Kuppel, die Gruppen mit bis zu 20 Personen ein gemeinschaftliches Erleben ermöglicht.
Bibliographische Angaben
- Institution
- Museen der Schwäbisch-alemannischen Fastnacht
- Teilprojekt
- Kulturgut Fastnacht digital
- Autor*innen
- Artur Fuss, Werner Mezger
- Veröffentlicht
- 26.09.2022
- Lizenz der Publikation
- CC BY 4.0
- Kontakt
- Ilka Diener
Fastnachtsmuseum Narrenschopf, Bad Dürrheim
info@narrenschopf.de
Einleitung
Im „Narretarium“, der 360°-Projektionskuppel, haben die Besucher*innen die Möglichkeit, einzeln oder im gemeinsamen Erleben in das Fastnachtsgeschehen einzutauchen. Die Filme von rund 20 Fastnachtsbräuchen sind in 360° verfügbar. Es wurde ein etwa 15-minütiger Film, bestehend aus einem Zusammenschnitt aller Bräuche, erstellt, der während der Öffnungszeiten in Dauerschleife läuft.
Inhaltliches Konzept
Während die Rezeption der 360-Grad-Filme mit VR- Brillen an Medienstationen individuell geschieht und den Betrachter*innen beim virtuellen Erleben der von ihnen ausgewählten Fastnachtsereignisse seine physische Nähe zu anderen Museumsbesuchern vergessen lässt, sprich: ihn isoliert, sollte noch eine andere Rezeptionsmöglichkeit der 360-Grad-Filme geschaffen werden, die der Vereinzelung des Individuums entgegenwirkt. Dabei wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass das Museum Narrenschopf häufig von Gruppen besucht wird, etwa von Schulklassen oder von Teilnehmer*innen gemeinsam organisierter Busreisen, die den Museumsbesuch als solchen in Gemeinschaft erleben wollen. Diese kommunikative Funktion, die der Gang durch ein analoges Museum automatisch für alle hat, soweit sie das Haus nicht bewusst alleine betreten, wird durch die Inhaltsvermittlung über VR-Brillen nicht gefördert – im Gegenteil, durch digitale Strategien dieser Art kann das Museum ein Stück weit seine Funktion als Kommunikationsraum verlieren. Aus diesem Grund wurde komplementär bzw. alternativ zu den Medienstationen noch eine planetariumsähnliche Projektionskuppel errichtet, in der die 360-Grad-Filme in großformatiger Rumdumprojektion gemeinsam angeschaut werden können. Hier ist während der Vorführung eine gegenseitige Verständigung möglich und treten bei bestimmten Handlungsereignissen auch gemeinsame Reaktionen auf.
Zwar ist in der Kuppelprojektion die Illusion des Mittendrinseins im virtuellen Geschehen nicht ganz so intensiv wie bei der Rezeption der 360-Grad-Filme mit VR-Brillen, dafür aber verblüfft der optische Effekt des totalen Umgebenseins von bewegten Bildern eines Brauchereignisses auf seine Weise und wird eben begleitet vom gemeinsamen Erleben. Das Interesse der Besuchergruppen an dieser zusätzlichen Darbietungsform und deren hohe Akzeptanz sprechen für die Richtigkeit der Überlegung, eine solche Form des Eintauchens in die 360-Grad-Filme anzubieten.
Technisches Konzept
Die Firma Fulldomedia hat den Aufbau der Projektionskuppel sowie der Projektionstechnik inkl. Klimatechnik, Sound- und Lichttechnik organisiert und übernommen .
Die Abspieltechnik wurde von Fulldomedia organisiert und umfasst folgende Komponenten: Projektor 4k Laser, Anystation und Android Tablet von der Firma Vioso, Netzwerktechnik zur Ansteuerung der Anystation, Licht und Ton über das Tablet (Fernbedienung).
Implementierung und Inbetriebnahme
Aufblasbare Kuppel: Es wurde nach Möglichkeiten, gesucht eine Kuppelprojektion in die bisherige Ausstellung zu integrieren und mit Blick auf die Anbieter und verbundenen Kosten fiel die Wahl auf die Vorschläge von der Firma Fulldomedia. Eine Option war es, eine aufblasbare Kuppel in Kuppel 3 aufzubauen. Die Mobilität und der schnelle Aufbau (ca. 45 Minuten) wären von Vorteil gewesen. Bei Interesse oder zu Werbezwecken hätte diese Kuppel leicht an anderen Orten aufgebaut werden können. Leider sind solche Kuppeln nur für den Innenraum ausgelegt. Der Nachteil einer solchen Kuppel ist, dass mit dem Eintritt von Besuchern in die Kuppel diese schlagartig viel Luft verliert und dadurch ein wenig in sich zusammenfällt. Die Luftpumpe ist ebenfalls ständig unüberhörbar im Betrieb und übertönt den Sprechertext. Durch den Transport der Kuppel würde diese wie alle Dinge über Zeit Schaden nehmen und müsste regelmäßig ersetzt werden, was der Idee der Nachhaltigkeit widerspricht. Für den Betrieb müsste eine Betreuung angestellt werden, die diese Technik und die Besucher*innen während des Betriebs betreut, was vom Museum nicht tragbar gewesen wäre. Der Projektor steht in der Mitte und projiziert in die obere Hälfte, bis zu ca. 240°.
Teilstationäre Kuppel: Diese finale Lösung ist eine Mischung aus der festen Installation in Kuppel 3 und der aufblasbaren Kuppel. Hierfür wurde mit großem Aufwand das Grundstück bereitgestellt und für einen teilstationären Kuppelbau aufbereitet. Dieser Kuppelbau besteht aus Metallstangen, einer Außen- und Innenwand/Projektionswand und sämtliche Elektronik, die die Abspieltechnik benötigt. Bei diesem Aufbau wird ein Vakuum zwischen Außen- und Innenwand erzeugt, wodurch die Innenwand durch eine Pumpe angesaugt wird, auf die projiziert wird.
Die Projektionstechnik ist zentral in der Kuppel angebracht und projiziert bis zum Boden, nur im Eingangsbereich bis zur Oberkante der Tür projiziert.
Auch hier musste zu Beginn die Betreuung geklärt werden, und durch das Ausstellungskonzept wurde klar, dass die Kuppelvorführung zunächst nur im Rahmen einer Führung angeboten wird. Mit weiterer Erkenntnis wurde die Kuppel darauf angepasst, autonom zu laufen, indem die Leinwand automatisch aufgepumpt wird und nur der Aufbau der Technik von Personal vorgenommen werden muss. Der Betrieb läuft über eine Playlist, die alle Filme in Folge abspielt, per Fernbedienung kann jedoch auch auf Wunsch ein Film ausgewählt werden.
Alle während der Projektlaufzeit erstellten 360-Grad-Filme sind auf dem Mediensystem in der Kuppel verfügbar und können per Klick von Museumsmitarbeiter*innen gestartet werden. Alternativ gibt es Filmzusammenschnitte, die quasi ein Best-Off der einzelnen Bräuche der schwäbisch-alemannischen Fastnacht zeigen.
Auswahl der Technik: Zur Auswahl der Projektionstechnik für die 360-Grad-Kuppelprojektion wurde zunächst eine Analyse aller rund 160 in Deutschland öffentlich zugänglichen Kuppelprojektionen durchgeführt; es zeigt sich hierbei, dass drei unterschiedliche Projektionstechniken für Kuppelprojektionen zum Einsatz kommen: Die größten Projektionskuppeln sind Planetarien, die mit Planetariumsprojektoren der Firma Zeiss ausgestattet sind. Meist verfügen diese Planetarien zudem über 6 bis 8 Beamer, die neben der Projektion von astronomischen Konstellationen auch „normales“ 360-Grad-Bildmaterial projizieren.
Kleinere Kuppeln bis zu einer Größe von rund 10 Metern können alternativ zu der Projektion durch Planetariumsprojektoren auch mit einem einzelnen, zentral angeordneten Projektor mit Fisheye-Optik ausgeleuchtet werden.
Da ein Planetariumsprojektor das 360-Grad-Filmmaterial des Fastnachtsmuseums nicht projizieren kann, kam nur der Einsatz von 4-8 am Rand angeordneten Projektoren oder der Einsatz eines zentral angeordneten Projektors in Frage. Da die Anforderungen an die Technik (Mediaserver, Zuspieler etc.) beim Einsatz nur eines zentralen Projektors deutlich geringer sind als bei mehreren Projektoren, die bzgl. Helligkeit, Farbtemperatur, Überlappung der Bildbereiche etc. aufeinander ausgerichtet sein müssen, bot sich für die Bildausgabe der Bad Dürrheimer Projektionskuppel der Einsatz eines solchen zentralen Beamers mit Fisheye-Optik an. Führend in Deutschland für derartige Systeme ist die Firma Fulldomedia, die auch vom Fastnachtsmuseum Narrenschopf als Partner zu Rate gezogen wurde.
Neben Auflösung, Lichtstärke etc. war eine zentrale Anforderung, dass dieser einen senkrecht stehenden Betrieb – also eine Projektion nach oben – ermöglichte und hierfür vom Hersteller zugelassen war. Die Auswahl der verwendeten Projektionslinsen ist im Bereich der Fisheye-Linsensysteme sehr eingeschränkt und ergibt sich aus der Wahl des Beamers.
Neben dem Lichtwerfer ist für die Kuppelprojektion noch ein Lichtsystem notwendig, das die Kuppel beleuchtet, während die Besucher*innen ihre Sitzplätze einnehmen, sowie ein Audiosystem, das den 360-Grad-Sound während der Filmvorführung ausgibt.
Nicht weniger wichtig ist zudem eine Klimatisierung der Kuppel, da die thermisch nicht isolierte Kuppel im Winter schnell kalt wird und im Sommer sich durch Sonneneinstrahlung stark aufheizen kann. Eine bzw. zwei Klimaanlagen temperieren die Kuppel kontinuierlich, so dass die Besucher ganzjährig eine angenehme Atmosphäre in der Kuppel vorfinden.
Aufbau der Kuppel
Erdarbeiten und Fundament: Mit der endgültigen Entscheidung für die teilstationäre Kuppel wurde nach einem örtlichen Anbieter gesucht, der die Bauarbeiten (Geländemodellierung und Pflastern eines Stellplatzes für die Kuppel) umsetzen konnte. Die Kommunikation zwischen diesem und dem Kuppelhersteller musste für die genaue Abstimmung hergestellt werden. Folglich wurde die Bodenfläche mit einem größeren Durchmesser bemessen.
Bodenarbeiten und Vorbereitungen für den Kuppelbau: Selbstverständlich muss der Boden eben sein und die Möglichkeit eines Strom- und Wasserabflusses bieten.
Selbstverständlich muss der Boden eben sein und die Möglichkeit eines Strom- und Wasserabflusses bieten.
Der Bau des Kuppelbaus: Der Boden der Projektionskuppel besteht aus einer Metallkonstruktion, die mit einem Holzboden bedeckt wird. Das Eigengewicht der Kuppel ist ausreichend, weshalb keine zusätzliche Verankerung im Boden benötigt wird.
Anschließend wird ein Gestänge in Kuppelform etappenweise mit Hilfe eines Stempellifts von oben nach unten aufgebaut.
In den nächsten Schritten wird die Tür an dem Gitter befestigt und die Plane über dieses gezogen.
Nachdem die Außenhülle festgezogen wurde und der Innenraum vor Regen geschützt ist, wird die innere Projektionsleinwand angebracht.
Die Besonderheit des Materials der Projektionsfläche ist, dass dieses nicht feucht werden darf, weshalb eine gute Isolierung unentbehrlich ist. Die Leinwand ist durch seine Größe nicht leicht zu reinigen und muss deshalb mit einem Seil am Zenit befestigt werden, sodass sie nie komplett auf den Boden absinken kann.
Der Kuppelbau war zunächst als semipermanent geplant, so dass die Kuppel auf und abgebaut werden kann. Allerdings hat sich beim Aufbau schon gezeigt, dass dies nicht ohne einen großen Personalaufwand und Spezialwerkzeug machbar ist. Deshalb musste eine Genehmigung beantragt werden, die prinzipiell für einen festen Bau benötigt wird.
Für den Stromanschluss wurde mit dem Fundament ein Leerrohr eingelegt. Der Stromanschluss wurde mit zwei Leitungen am Museum angeschlossen. Eine Starkstromleitung für die geplanten Klimaanlagen mit 64A Sicherungen und eine Leitung mit 32A für die Technik.
Der Kuppelbau und Aufbau wurde mit Beauftragung von Fulldomedia von einer Firma aus Polen mit mehreren Mitarbeitern übernommen. Zur Ausrüstung gehören neben dem nötigen Know-How ein Stempellift. Für den Aufbau wurden ca. drei volle Arbeitstage mit vier bis fünf Personen benötigt. Für den initialen Aufbau ist der Zeitaufwand größer, allerdings ist der Kuppelbau eine Spezialanfertigung, da der Boden nicht gerade zum Kuppeleingang gepflastert wurde. Dadurch musste der Eingangstunnel etwas versetzt angebracht werden. Die Planen des Eingangs wurden für den einmaligen Aufbau angeschweißt/geschmolzen. Es wurden Löcher für die Klimaaggregate und Vakuumpumpe eingeschnitten und Schläuche für das Kondenswasser der Aggregate ausgelegt. Für die Vakuumpumpe wurde ein Holzkasten mit Gitter angefertigt, um diese vor Kleintieren und der Witterung zu schützen.
Erfahrungen bei Inbetriebnahme der Kuppel
Ausstattung der Kuppel: Permanent in der Kuppel verbaut sind Surround-Anlage, Verstärker, Zuspieler, LED-Scheinwerfer, Router sowie Klimaaggregate.
Projektor: Zu Beginn wurde die Kuppel täglich „neu“ aufgebaut da der Projektor und Zuspieler aus Sicherheits- und versicherungstechnischen Gründen im Museum gelagert wurden. Aufgrund seines Eigengewichtes von ca. 27kg wurde der auf einem Rollwagen befestigte Projektor in die Kuppel geschoben und an markierter Stelle festgezogen. Da die Projektionstechnik äußerst empfindlich ist, sollte sie nicht starken Erschütterungen ausgesetzt werden. Dies hatte zur Folge, dass Gummirampen an Türschwellen ausgelegt werden mussten, um nicht nur den Transport erschütterungsfreier, sondern auch leichter für die Betreuer zu machen.
Der Projektor ist inzwischen am Boden mit einem Transportkoffer verschraubt mit einer Haube abgedeckt, die beim Auf- und Abbau heruntergenommen werden muss. Diese Haube schützt den Projektor vor äußeren Einflüssen; zu Beginn war diese einteilig und musste an zwei Griffen gerade hochgezogen und anschließend fast bis auf Kopfhöhe hochgezogen werden, um das empfindliche Objektiv nicht zu beschädigen. Das Objektiv ist ebenfalls mit einer Kappe versehen, welche vor Inbetriebnahme entfernt werden muss.
Der Projektor ist an einer Hydraulikfeder befestigt, die das Herausziehen aus dem Koffer erleichtert. Die Höhe des Objektivs des Projektors befand sich ca. auf Augenhöhe der meisten Besucher*innen, und durch eine eingestellte Neigung wurde so der Bereich hinter dem Projektor – in Richtung Eingang – nicht bespielt, wodurch sich an dieser Stelle die beste Sitzposition für Besucher abzeichnete. Die Erfahrung zeigt, dass die Höhe des Projektors höher als 130 cm (50cm Sitzfläche + Körperhöhe ca. 80cm) sein sollte, da der durchschnittliche Besucher bei nicht idealer Positionierung (zu nah am Projektor oder zu weit vorne in der Kuppel) in der Kuppel geblendet wird.
Nach Betrieb des Projektors muss dieser noch – wie üblich für Projektoren – mehrere Minuten auskühlen, um anschließend wieder mit der Haube abgedeckt aus der Kuppel gerollt zu werden.
Im Laufe der Zeit ergaben sich durch Transport und Aufbau Probleme.
- Die von Pflastersteinen und Türschwellen verursachten Erschütterungen (trotz vorsichtigem Anheben) auf dem Transportweg ließen sich nicht ausreichend vermeiden.
- Beim Ab- und Aufziehen der Haube war es durch Eigengewicht und Verkantung nicht immer vermeidbar, das Objektiv zu berühren.
Um Beschädigungen des Projektors zu vermeiden, wurde nach einer statischen Lösung gesucht. Diese besteht nun aus einem Podest, welches mit dem Kuppelboden verschraubt wurde, an welchem wiederum der Projektor befestigt und gesichert wurde. Das Podest ist somit fest verbaut und der Projektor durch Lösen der Verschraubung leicht demontierbar (z.B. bei schweren Unwettern). Die Höhe des Podestes wurde etwas höher als der Rollwagen gewählt, um die Projektionshöhe auf ca. 140 cm anzuheben und dadurch eine Blendung zu vermeiden.
Im Zuge dessen wurde der Transportkoffer samt Haube durch eine ähnliche, zweigeteilte Version ersetzt. Diese muss nun nicht mehr mit großer Kraft hochgezogen und über Kopf gehalten, sondern kann durch Lösen von Klemmen direkt auf Höhe des Projektors abgenommen werden. Eine weitere Maßnahme war das Ersetzen der Hydraulik, die sich oft verkeilte und einen Auf- bzw. Abbau enorm erschwerte.
Um den neuen versicherungs- und sicherheitstechnischen Anforderungen der Festinstallation gerecht zu werden, wurde eine Überwachungskamera installiert und der Koffer zusätzlich mit Stahldrähten und Schlössern gesichert. Eine Geräteversicherung wurde von Anfang an empfohlen und sollte im Rahmen der gemachten Erfahrungen ebenfalls unbedingt abgeschlossen werden. Eine weitere Lösung wäre es gewesen, das Objektiv nach jedem Gebrauch auszubauen. Allerdings war dies aufgrund der zusätzlichen Gefahren keine sinnvolle Möglichkeit.
Abspieltechnik
Anystation – Abspielcomputer: Die Abspieltechnik wird wie zu Beginn noch täglich in die Kuppel gebracht und angeschlossen. Es ist ein in sich geschlossenes System und sollte keine Verbindung zum Internet aufbauen, weil dadurch Firewall Einstellungen geändert werden, die den Betrieb verhindern können. Updates oder Erneuerungen sind bei diesem System nicht nötig, da es keine externen Faktoren benötigt, um zu funktionieren.
Ein Tablet, welches als Fernbedienung fungiert, ermöglicht über eine lokale WLAN-Verbindung Zugriff auf einen leistungsstarken Windowsrechner (Anystation). Auf der Anystation befinden sich die hauseigene Software von VIOSO und die vom Museum bereitgestellten Filme. Wie auf dem Bild zu sehen, ist neben der Auswahl der Filme auch eine Lichtsteuerung von LED-Scheinwerfern zur Platzzuweisung der Besucher als auch zur Wartung und Reinigung der Kuppel vorhanden. Eine Audiosteuerung wurde über eine Lautstärkeregelung möglich gemacht. Die hinterlegten Filme laufen in Reihenfolge hintereinander ab oder können durch einfaches Tippen gezielt gestartet werden.
Wie auch bei dem Projektor stellten sich bei der Anystation Fehler ein, die ebenfalls zwei Nachbesserungen benötigten. Die Erfahrung daraus ergab, dass eine unterbrechungsfreie Stromversorgung bei solch empfindlichen Geräten empfehlenswert ist und ein externes Backup gleich zu Beginn eingerichtet werden sollte, um eigenständig Softwarefehler beheben zu können.
Audiotechnik: Es wird ein 7.1 Sound-System von Teufel verwendet, welches über Audiokabel direkt an die Anystation angeschlossen wird. Eine Audioanpassung kann neben dem Tablet zusätzlich direkt am Verstärker vorgenommen werden.
Der Betrieb zeigte, dass sich die Anlage automatisch ausschaltete und regelmäßig eingeschaltet werden musste.
Displaykabel und Adapter: In der Abspielkette zwischen Computer und Projektor können sich an jedem Übergang Fehler einschleichen. Während des Betriebs im Fastnachtsmuseum Narrenschopf war das mit Abstand anfälligste Glied die Adapter und Kabel.
Es wurde eine Reihe von Kabeln verbaut, die bereits nach wenigen Wochen oder Monaten zum Garantiefall wurden. Die Erfahrung zeigt, dass viele Herstellerangaben nicht den Produkten gerecht werden und selbst hochwertige Komponenten keine lange Lebensdauer haben.
Ein großer Faktor ist dabei die Kabellänge. Es zeigte sich, dass bei Kabellängen von HDMI und Displayportkabeln ab 7,5m bereits massive Verluste haben und kein – oder nur ein paar Wochen – 4k Videomaterial bei 50 Hz übertragen können. Die Lösung hierfür war, ein ebenfalls kostspieliges Glasfaser-HDMI-Kabel zu verwenden, welches seither zuverlässig Bilder überträgt.
Ein weiterer Schwachpunkt ist der Mini-Displayport-Adapter, der für die Anystation benötigt wird. Eine zuverlässige Lösung wurde leider noch nicht gefunden außer, dass ausreichend Ersatzadapter vorhanden sein sollten.
Sitzgelegenheiten: Zu Beginn wurden einfache Hocker verwendet, die leicht stapelbar und günstig (10 €) sind. Der Nachteil ist, dass sie je nach Außentemperatur kalt und auf Dauer unbequem sind. Später wurden Klapphocker (Stockholm II Museumshocker) angeschafft, die von Museumsbesuchern ebenfalls für einen Rundgang in der Ausstellung genutzt werden können.
Eine weitere Lösung wären Liegestühle, um den Besuchern das volle Blickfeld der Kuppel zu ermöglichen, leider würde hierfür der Platz nur für wenige Stückzahlen ausreichen und auch die Pflege wäre nicht zu vernachlässigen.
Klimatisierung: Die Projektionskuppel ist für Besucher das ganze Jahr zugänglich und erfordert – um den Aufenthalt möglichst angenehm zu machen – eine Klimatisierung. Hierfür wurden zwei Klimaaggregate verwendet, die im Sommer und Winter für Luftaustausch und Temperaturanpassungen sorgen. Damit das Kondenswasser abfließen kann, wurden Wasserschläuche, die aus die Kuppel führen eingerichtet.
Ein Problem mit den vorhandenen Aggregaten zeigte sich im Laufe des ersten Herbstes. Bei zu niedrigen Außentemperaturen schalten sich die Geräte nicht ein. Daraufhin wurden zwei Heizlüfter beschafft, die auch nach stundenlangem Betrieb keine Brandgefahr darstellen. Die Klimaaggregate und Heizungen werden über eine separate Stromleitung betrieben (Drehstrom), da bei einer Dauerlast von bis zu 5KW üblicherweise verbaute 16A Sicherungen auslösen. Um die Kuppel rechtzeitig für den Betrieb vorzubereiten, werden die Geräte an Zeitschaltuhren angeschlossen, um bereits 30 Minuten vor Beginn eine angenehmere Temperatur zu schaffen.
Projektionsleinwand: Die Projektionsfläche wird mit einer Vakuumpumpe, die außen an der Kuppel steht, angesaugt und formt dadurch eine Kuppel. Sie ist äußert wasserempfindlich und sollte stets trocken sein.
Die Vakuumpumpe stand zu Beginn offen neben der Kuppel und musste nach Inbetriebnahme von dem Schlauch, der in die Kuppel führt, gelöst werden und in die Kuppel gebracht werden. Weil dies zusätzlicher Aufwand ist und die Vakuumpumpe nicht ungeschützt vor äußeren Einflüssen unbeaufsichtigt draußen stehen kann, wurde ein Holzkasten mit Gitter für die Luftzufuhr organisiert. Dadurch kann die Vakuumpumpe unbeaufsichtigt permanent draußen stehen.
Die Vakuumpumpe wird über eine Zeitschaltuhr betrieben. Um die Kuppel rechtzeitig für den Betrieb vorzubereiten, aktiviert sich diese bereits 60 Minuten vor Beginn, um die Leinwand anzusaugen. Neben einer regelmäßigen Reinigung des Kuppelbodens wurden Auffangteppiche am Eingang ausgelegt. Zusätzlich werden Holzhocker nach Betrieb der Kuppel mit ausreichendem Abstand zum Rand aufgestellt, damit die Projektionsleinwand nicht auf dem Boden aufliegt.
Erfahrungen aus dem ersten Jahr zeigen, dass sich im Sommer Eintagsfliegen im inneren der Kuppel an der Leinwand sammeln. Die Fliegen sollten nicht abgeklopft werden, da sonst Spuren auf der Leinwand verbleiben können. Ein Sprühmittel wurde noch nicht getestet, wichtig ist aber, dass es die Leinwand oder die Besucher nicht schädigen darf.
Im Winter bekommt die Kuppelleinwand Kondensflecken. Der exakte Grund konnte noch nicht ermittelt werden. Vermutungen sind, dass durch den Temperaturunterschied die Luft in der Kuppel kondensiert und an den Stangen abfließt und abtropft. Eine mögliche Lösung dafür ist es, die Vakuumpumpe und die Heizungen der Kuppel regelmäßig in Betrieb zu nehmen, um ausreichend Luftaustausch zu ermöglichen.
Außenverkleidung: Das Aussehen der Kuppel passt gestalterisch noch nicht optimal in den Kurpark und es wurde nach Verzierungsmöglichkeiten gesucht, um das Aussehen mehr an das Museum und den Park anzupassen. Es war in Überlegung eine weitere Plane überzuziehen. Leider wäre es nur stückweise und nicht komplett möglich gewesen. Eine andere Option war es, die Außenwand bemalen zu lassen. Optisch sollte es natürlich zum Park passen. Aufgrund fehlender Mittel wurden noch keine Maßnahmen zur Instandhaltung und Reinigung getroffen.
Betriebskonzept Kuppel 4: Zu Beginn wurde die Kuppelprojektion täglich parallel zu den Öffnungszeiten angeboten. Die Betriebskosten sowie die Kosten für den täglichen Auf- und Abbau werden durch eine moderate Erhöhung der Eintrittspreise refinanziert.
Aus Personal- und Kostengründen wurden zwischenzeitlich die Vorstellungszeiten reduziert, um die Effizienz durch größere Besuchergruppen zu erhöhen. Um die Attraktivität zu steigern, wurden nach dem ersten Betriebsjahr der Kuppel spezielle Kuppelvorführungen erstellt, die zeitlich mit einer Dauer von 30 Minuten (16 + 14 Minuten) Ideal in das Zeitschema eines Museumsbesuchs passen. Bei den Filmen wurde auf bestehendes Material zurückgegriffen und kompakt ein Querschnitt durch die Fastnacht angefertigt. Die erste Vorführung befasst sich stärker mit Bräuchen und ist etwas länger als die zweite, die sich mehr mit Musik beschäftigt. Zu Beginn der Öffnungszeit wird das erste Video in der Liste des Abspielcomputers gestartet. Dabei laufen beide Vorführungen im Wechsel hintereinander über die Dauer der Öffnungszeit des Museums von 6 Stunden hinweg. Nachdem Vorführung 1 + 2 abgespielt wurden, erscheint ein Countdownvideo, in dem darauf hingewiesen wird, dass bald die Vorführungen beginnen.
Der Einlass der Besucher*innen wird vom Kassenpersonal geregelt. Nach einer kurzen Einweisung der Besucher und dem Neustart der Vorführung verlässt die Mitarbeiterin die Kuppel. Durch die Überwachungskamera kann sie das Ende der Vorführung mitverfolgen und bei Bedarf die Türe für den Auslass wieder öffnen.
Der hohe personelle Aufwand für Auf- und Abbau sowie für den Einlass konnte nach und nach bis zum Jahre 2022 deutlich optimiert werden. Durch den Einbau eines zentralen Stromschalters am Sicherungskasten und den Austausch der Anystation durch einen normalen PC ist die Bedienung so einfach geworden, dass alle Kassenmitabeiter*innen in der Lage sind, den Auf- und Abbau zu übernehmen. Selbst Menschen mit wenig Technikerfahrung trauen sich die Bedienung zu und können auf Besucherwunsch gezielt Filme starten. Der Einlass der Besucher erfolgt autark mittels des Eintrittstickets über einen automatischen Türöffner.
Postproduktion von Kuppelfilmen – Domeprojection: Die Erstellung von Filmen für eine Kuppelprojektion basiert auf der Vorgehensweise zur Erstellung eines 360-Grad-Videos.
Als Ausgangsmaterial werden die fertigen 360-Grad-Videos der VR-Brillen so bearbeitet, dass sie im Anschluss in einer Kuppelprojektion von einem Projektor dargestellt werden können.
In diesem Schritt werden Effekte aus der Adobe After Effects Software verwendet, um aus der äquirektangulären Darstellung des 360-Grad-Videos eine Kuppelprojektion (Domeprojection) umzuwandeln.
Im ersten Schritt wird eine quadratische Sequenz erstellt, die eine Auflösung von 3840×3840 Pixel hat, in diese passt das Ausgangsmaterial doppelt rein.
Mit dem Effekt „VR: Konverter“ wird nun eine Kuppelprojektion erschaffen, die noch auf die Darstellungsart des Projektors angepasst werden muss. Es wird deutlich sichtbar, dass eine sehr starke Verzerrung an den Rändern auftritt und der Boden abgeschnitten werden muss, um diesen nicht zu präsent zu machen. Durch den Wegfall des Bodens fallen automatisch Aufnahmen raus, bei denen sich Ereignisse unterhalb der Kamera abspielen, z.B. Einstellungen von hängenden Kameras.
Die Projektion wird im Fastnachtsmuseum Narrenschopf aufgebläht und gekippt. Das bedeutet, dass das komplette Bild bis über die Ränder vergrößert und die Mitte nochmal vergrößert wird, damit die dargestellten Personen weniger verzerrt erscheinen. Mit dem Kippen des Bildes wird erreicht, dass der Projektor bis zum Boden vor sich projiziert und im Gegenzug dazu nicht auf die Tür projiziert, was den Besuchern ermöglicht auf dieser Seite der Kuppel, die Kuppelfilme anzuschauen ohne geblendet zu werden.
Bereits aus der Vorgehensweise bei der Erstellung des VR-Videos wurde eine Blickrichtung vorgegeben. Dies erweist sich in dieser Bearbeitung als Hilfreich, weil keine zusätzlichen Schnitte oder Übergänge erstellt werden müssen und eine einfache Rotation (wenn überhaupt nötig) des Materials reicht.
Bemerkbar macht sich die Aufblähung des Materials in diesem Bild deutlich durch die verringerten schwarzen Flächen. In der nachfolgenden Bildserie wird Skizzenhaft dargestellt, welche Auswirkung dieser Effekt hat. Voran eine Orientierungshilfe.
Je nach Projektionstechnik und Leinwand muss das Bildmaterial farb- und helligkeitskorrigiert werden. Dabei werden für die Projektion im Fastnachtsmuseum die Sättigung und Helligkeit deutlich über die gewöhnlichen Werte hinaus angesetzt, um eine satte Darstellung zu erhalten.
Wie bereits im Betriebskonzept erwähnt, wurden speziell für die Kuppeldarstellung Vorführungen erstellt, die ein Zusammenschnitt aus verschiedenen Filmen sind. Dabei wurde der Vorteil dieser Präsentationsform komplett ausgespielt und Darstellungen ermöglicht, die ein Raumempfinden schaffen, wie es nur während des echten Erlebnisses möglich ist.
Ein weiterer Effekt, der das räumliche Empfinden verstärken soll, sind Bilder und Texte zu Beginn der Vorstellungen 1 + 2. Dabei werden an verschiedenen Positionen in der schwarzen Kuppel vereinzelt animierte Bilder und Videos gezeigt um den Besucher „beizubringen“ sich umschauen zu können.
Datenverwaltung: Die Daten werden lokal auf der Anystation verwaltet und bei Änderungen überspielt. Alle Videos werden auf dem NAS gesichert und verwaltet. Ein externer Datenträger mit einem Systemabbild liegt vor, um bei Problemen die Anystation zurücksetzen zu können