Erfahrungen von Museen bei Entwicklung und Einsatz digitaler Anwendungen zur Vermittlung von immateriellem Kulturerbe (IKE)

Blick in den Sitzungssaal des Instituts für Museumsforschung und in die digitale Konferenz
Blick in den Sitzungssaal des Instituts für Museumsforschung und in die digitale Konferenz, Foto: museum4punkt0, CC BY 4.0

Überblick

Information und Dokumentation

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Verwandte Ergebnisse

Rubrik
Anwendungsbereich
Zeitraum
von 1. Juni 2022
bis 31. Juli 2022
Methode
Nachnutzung

Das Teilprojekt „Materialisierung des Immateriellen?“ untersuchte die Möglichkeiten und Grenzen der digitalen Vermittlung immateriellen Kulturerbes (IKE). Digitalisierung und Vernetzung erweitern die technischen Möglichkeiten, IKE im Moment “einzufangen”, weiterzugeben und immersiv zu vermitteln. Zugleich bieten die Plattformen und Dialogfunktionen der jüngsten Mediengeneration eine Vielzahl neuer Möglichkeiten, ortsunabhängig in Kontakt und Austausch zu treten.

Inwiefern können also neuere digitale Formate einen aktiven Beitrag dazu leisten, IKE weiter zu entwickeln und zu transformieren? Dafür wurden Daten zu bestehenden digitalen Anwendungen in 101 Museen gesammelt (Bestandsaufnahme). Diese wurden durch strukturierte Tiefeninterviews in ausgewählten Häusern qualitativ angereichert, um Funktions- und Wirkungsweisen sowie individuelle Erfahrungen beim Einsatz digitaler Anwendungen zur Vermittlung von IKE zu ergründen. Die Ergebnisse beider Ansätze wurden in einer abschließenden Studie zu Potenzialen und Wirkweisen digitaler Anwendungen für die Bewahrung, Weitergabe und Anreicherung immateriellen Kulturerbes gebündelt, die als PDF auf der Web-Plattform zum Download bereitsteht.

Bibliographische Angaben

Institution
Institut für Museumsforschung
Teilprojekt
Materialisierung des Immateriellen?
Autor*innen
Julie Piesbergen
Veröffentlicht
26.06.2023
DOI / Zenodo
https://zenodo.org/record/8112327
Lizenz der Publikation
CC BY 4.0
Kontakt
Kathrin Grotz
Institut für Museumsforschung (SMB-PK)
ifm@smb.spk-berlin.de

Vorüberlegungen

Im Mittelpunkt des Teilprojekts „Materialisierung des Immateriellen?“ stand die digitale Vermittlung von Immateriellem Kulturerbe (IKE). Einerseits wurde dafür eine Bestandsaufnahme durchgeführt, in der 101 Museen mit digitalen Anwendungen zur Vermittlung von IKE mittels leidfadengestützter Interviews befragt und die kodierten Ergebnisse quantitativ ausgewertet und analysiert wurden.

Ein zusätzlicher qualitativer Fokus wurde auf die individuellen Erfahrungen der Museen gelegt. Ziel war es, die Funktions- und Wirkweisen ausgewählter digitaler Anwendungen zu analysieren und die Vielschichtigkeit der Vermittlungsziele abzubilden. Ein besonderer Fokus wurde dabei auf die Ansprache von Emotionen sowie Partizipationsmöglichkeiten und Erfahrungsbeispiele (Lessons learned) aus der Praxis des jeweiligen digitalen Angebots gelegt. Um diesen qualitativen Aspekt auszuarbeiten, wurden mit Museumsmacher*innen in vier Häusern semistrukturierte Tiefeninterviews geführt.

Methode        

Mit Mitarbeitenden in vier ausgewählten Museen, die zuvor auch an der Bestandsaufnahme teilgenommen hatten, wurden zusätzlich semistrukturierte Tiefeninterviews durchgeführt, um die Funktions- und Wirkweisen der digitalen Anwendungen sowie die Praxiserfahrungen der Museen beim Einsatz digitaler Vermittlungsangebote zu analysieren. Im Folgenden werden methodische Aspekte, das Vorgehen sowie die Auswertung der Tiefeninterviews dargestellt.

Semistrukturiertes Tiefeninterview

Die qualitative Methode der halbstrukturierten Tiefeninterviews erlaubt eine detaillierte Analyse der Funktions- und Wirkweisen digitaler Anwendungen bei der Vermittlung von IKE. Halbstrukturierte Tiefeninterviews basieren auf einem Leitfaden, der Themenschwerpunkte abbildet und der groben Strukturierung dient. Während des Interviews kann die Reihenfolge den Aussagen der Interviewpartner*innen angepasst werden. Die Methode zeichnet sich durch eine Flexibilität der vorgegebenen Fragen und situatives Eingehen auf das Gesagte aus (Bock 1992). Durch dieses flexible Vorgehen können tiefere Erkenntnisse zu verschiedenen Themen ergründet werden (Ruhl 2004).

Bei der Konzeption des Leitfadens für das Teilprojekt spielten Fragen nach dem Erreichen der Vermittlungsziele sowie die Ansprache von Emotionen eine zentrale Rolle. Zudem ging es um die individuellen Erfahrungen der Museen bei der digitalen Vermittlung von IKE, insbesondere in der Konzeptions- und Entwicklungsphase. Eine ausführliche Darstellung der Frage-Kategorien erfolgt im Abschnitt Durchführung.

Da Tiefeninterviews eine qualitative Forschungsmethode darstellen, werden die erhobenen Daten qualitativ ausgewertet. Bei einer qualitativen Inhaltsanalyse ist die Festlegung von Kategorien auf der Grundlage des zu analysierenden Materials fundamental. Die Zuordnung von Kategorien zu Textbausteinen wird auch als Kodierung bezeichnet (Mayring 1994). Die Datenanalyse wird im Abschnitt Auswertung aufgeführt.

Durchführung

Die Tiefeninterviews fanden im Juni 2022 und Juli 2022 statt. Insgesamt wurden vier Museen befragt: das Porzellanikon in Selb, das Historische Museum in Frankfurt am Main, das Bach-Museum in Leipzig und das Buddenbrookhaus in Lübeck. Die Auswahl der vier Fallbeispiele erfolgte im Nachgang der Bestandsaufnahme mithilfe einer Bewertungsmatrix, die folgende Kategorien zur Evaluation des digitalen Angebots abbildete: Multidirektion, Austausch, Zusammenarbeit, Vernetzung, Nachnutzbarkeit und Emotionen. Zudem wurde darauf geachtet, unterschiedliche Anwendungstypen und Museumsgattungen zu berücksichtigen.

Mit Ausnahme des Bach-Museums wurden die Interviews digital durchgeführt, da sich vor Präsenztermine aufgrund der Corona-Pandemie in den meisten Fällen nicht bewerkstelligen ließen. Aufgrund der eingeschränkten Zugänglichkeit von digitalen Angeboten in den Museen im Rahmen strenger Hygiene-Maßnahmen war es auch nicht möglich, in allen vier Häusern wie ursprünglich geplant neben Museumsmitarbeitenden auch Nutzer*innen vor Ort zu befragen. Mit Ausnahme des Bach-Museums wurden deshalb bevorzugt Online-Angebote als Fallbeispiele ausgewählt, die auch unter den Bedingungen der Pandemie außerhalb des Museums funktionierten.

In der Übersicht finden sich die Oberkategorien des Interview-Leitfadens, eine ausführliche Version ist im Anhang zu finden:

  • A Planungsphase (Ideenentwicklung/Projektmanagement)
  • B Entwicklungsprozess (Umsetzung)
  • C Endprodukt
  • D Physische Manifestation/Benutzung
  • E Vermittlung
  • F Rezeption – Benutzungserlebnis der Nutzer*innen
  • F1 Gefühle/persönliche Ansprache während Rezeption
  • F2 motivational
  • F3 kognitiv
  • G Interaktions- und Partizipationsmöglichkeiten
  • H Weiterentwicklung und Transformation des immateriellen Kulturerbes

Der Leitfaden stellte die Grundlage für die semistrukturierten Tiefeninterviews dar. Für die einzelnen Interviews wurde dieser jeweils sinngemäß den digitalen Anwendungen angepasst.

Zu Beginn des Interviews wurde das Forschungsvorhaben kurz erläutert, sowie der Grund für die Auswahl der digitalen Anwendung und des Hauses. Die Interviewdauer wurde auf ca. 60 Minuten festgelegt. Aus Tabelle 1 geht hervor, wie lange die Interviews tatsächlich gedauert haben:

Museum, AnwendungstypInterviewdauer
Porzellanikon, Youtube Video0:57:26
Historisches Museum Frankfurt, Plattform „Stadtlabor Digital“1:13:07
Bach-Museum, Online-Spiel „Bach interaktiv“0:50:48
Buddenbrookhaus, Ambient Learning Spaces1:18:20
Tabelle 1: Interviewdauer der vier Tiefeninterviews

Die Audiomitschnitte wurden anschließend vom Transkriptionsanbieter Kern AG transkribiert. Die Transkripte dienten als Grundlage für die Kodierung und qualitative Auswertung durch das Projektteam.

Die Tiefeninterviews

Das erste Tiefeninterview wurde am 09.06.2022 mit dem Porzellanikon Selb in Bayern digital via Webex durchgeführt. Da die Haptik ein wichtiges Element des IKE ist, sind die Transfermöglichkeiten in digitale Vermittlungsansätze besonders interessant. Während der pandemiebedingten Schließzeit bot das Porzellanikon ein YouTube-Video-Tutorial zum Porzellangießen an. Die Nutzer*innen konnten sich im Rahmen des Internationalen Museumstags 2021 eine Materialtüte abholen, zuhause bearbeiten und formen und das Ergebnis anschließend ins Museum zum Brennen bringen. Besonders interessant ist, dass die Nutzer*innen im Rahmen des Angebots selbst aktiv werden konnten und dazu angeregt wurden, selbst mit Porzellan zu arbeiten. Außerdem wurde durch das digitale Angebot ein direkter Kontakt zwischen Publikum und Museum hergestellt.

Das zweite Tiefeninterview fand am 15.06.2022 digital via Webex statt und befasste sich mit der Web-Anwendung Stadtlabor Digital des Historischen Museums Frankfurt. Stadtlabor Digital ist eine dynamische Plattform in Form eines digitalen Stadtplans und bietet Frankfurter*innen die Möglichkeit, eigene Inhalte, Bilder, Texte und Videos zu teilen und so „ihr Frankfurt zu zeigen“. Der partizipative und lebendige Charakter der Anwendung war ein besonderes Kriterium für die Auswahl. Darüber hinaus werden einige Beiträge in einer digitalen Karte im Museum gezeigt, wodurch eine Verbindung der Ausstellung mit dem öffentlichen Raum entsteht.

Das dritte Tiefeninterview fand am 28.06.2022 vor Ort im Leipziger Bach-Museum statt. Dort steht das Spiel Bach interaktiv zur Verfügung, in dem Nutzer*innen u.a. ein eigenes Musikstück gestalten und sich spielerisch der Geschichte Bachs sowie Aspekten seiner musikalischen Werke nähern können. Das Spiel ist sowohl in der Ausstellung über eine Medienstation als auch online zugänglich und spricht somit unterschiedliche Zielgruppen an. Auch hier werden interessante Möglichkeiten der digitalen Vermittlung vermutet. Die Auseinandersetzung mit Bach und seiner Musik findet mit Hilfe des Museums statt, ist aber nicht an dieses und seine Gegebenheiten gebunden. Der physische Besuch ermöglichte die zusätzliche Befragung nach der Thinking-Aloud-Methode der Nutzer*innen zu ihrem Erleben hinsichtlich der Benutzung und inhaltlichen Aspekten der Anwendung.

Das vierte Tiefeninterview wurde am 20.07.2022 digital via Webex mit dem Buddenbrookhaus in Lübeck geführt, das derzeit wegen Renovierungsarbeiten geschlossen ist. Das Haus nutzt in seinen Interimsräumen ein integratives System – Ambient Learning Spaces (ALS) – bestehend aus einer Infogrid App, mit der die geschlossene Ausstellung digital erkundet werden kann, und einer Interactive Wall. Mit diesen beiden Anwendungen können Inhalte interaktiv und mit unterschiedlichen Formaten (Text, Bild, Video, AR) präsentiert werden. Besonders interessant erschien hier der raum- und körperbezogene Ansatz, der eine selbstbestimmte Bewegung im Raum ermöglicht und damit das Erleben und Lernen der Nutzer*innen beeinflusst. Ein weiterer sehr spannender Aspekt war der partizipative und kollaborative Ansatz und die Idee dahinter, ein solches System zu nutzen, um verschiedene Bildungseinrichtungen und Interessengruppen miteinander zu verbinden, damit sie gemeinsam Inhalte erstellen und nutzen können.

Forschungsziel

Ziel war es, anhand der qualitativen Methode halbstrukturierter Tiefeninterviews die Funktions- und Wirkweisen der ausgewählten digitalen Anwendungen zu analysieren und die Vielschichtigkeit der Vermittlungsziele abzubilden. Ein besonderer Fokus wurde dabei auf die Ansprache von Emotionen sowie Partizipationsmöglichkeiten und Erfahrungsbeispiele (Lessons learned) aus der Praxis im Einsatz des jeweiligen digitalen Angebots gelegt. Zum Tragen kam dabei – mit Ausnahme des Bach-Museums – ausschließlich die Perspektive der Museumsmitarbeitenden.

Nachnutzung

Die Befragung der 101 Museen, die für eine erste Bestandsaufnahme im Rahmen des Projektes „Materialisierung des Immateriellen?“ durchgeführt wurde, hat gezeigt, dass das Interesse am Austausch in den Museen sehr groß ist – insbesondere hinsichtlich der Entwicklung und Umsetzung digitaler Angebote für die Vermittlung von IKE. Kolleg*innen aus vier Museen gaben tiefergehende Einblicke in ihre Erfahrungen im Zusammenhang mit IKE und digitalen Vermittlungsangeboten. Unter https://immateriell.smb.museum/good-practices können ihre Erfahrungen und Ideen von allen Interessierten nachgenutzt werden, die selber eine digitale Anwendung im Bereich IKE realisieren wollen.

Ebenfalls zur Nachnutzung bereit stehen die beiden im Projekt entwickelten Basisleitfaden für die Tiefeninterviews mit Museumsmitarbeitenden und Nutzer*innen der digitalen Anwendungen. Alle Elemente der Nachnutzung finden Sie im Anhang dieser Publikation.

Auswertung

Die transkribierten Tiefeninterviews wurden entsprechend einer qualitativen Inhaltsanalyse kodiert, indem aus dem Interviewmaterial Kategorien gebildet wurden. Folgende Kategorien wurden im Rahmen der Auswertung ermittelt:

  • Ideenentwicklung & Umsetzung
  • Finanzielle Ressourcen
  • digitale Anwendung/digitale Vermittlung/Social Media/Wartung
  • Schwierigkeiten
  • Learnings
  • Nachhaltigkeit/Nachnutzung
  • Zielgruppen/Besucher*innen
  • Emotionale Ansprache/emotionaler Zugang
  • Kognitive Vermittlung
  • Körperlichkeit
  • Überraschung
  • Vermittlung/Aktivierung der Nutzer*innen
  • Community-Arbeit/IKE-Akteure/IKE-Praxis
  • Partizipation
  • Kommunikation & Austausch/Interaktion
  • Transformation IKE
  • Auftrag des Museums
  • Grenzen digitaler Vermittlung
  • Weitere digitale Angebote

1. Community-Arbeit/IKE-Akteure/IKE-Praxis

Immaterielles Kulturerbe (IKE) lebt durch die Menschen, die es praktizieren – „communities of practice“, die ihr Wissen von Generation zu Generation weitertragen. Im Rahmen des Projekts ist es daher von besonderem Interesse, inwieweit Museen mit IKE-Träger*innen kooperieren und sich vernetzen. Interessant ist auch, ob IKE-Träger*innengruppen an der Konzeption und Entwicklung der digitalen Anwendung beteiligt waren.

Von den vier befragten Museen arbeiteten zwei (Porzellanikon & Bach-Museum) direkt mit IKE-Träger*innen zusammen und zwei (Stadtlabor Digital & Buddenbrookhaus) indirekt.

Die Mitarbeiter*innen des Porzellanikons sind überwiegend selbst IKE-Träger*innen. Die Mitarbeitenden sind oder waren selbst als Porzelliner*innen tätig, tragen ihr Wissen und Können ins Museum und geben es weiter. Die aktive Porzellanherstellung in der Region rund um Selb verschwindet immer weiter, folglich ist das Porzellanikon ein Bewahrer dieser Techniken und steht darüber hinaus in engem Kontakt mit der lokalen „community of practice“. An der Konzeption der digitalen Anwendung waren jedoch nur IKE-Akteure aus dem Porzellanikon selbst vertreten, ihre Expertise bildete die Grundlage für die Wissensvermittlung im Video. Zugleich ermöglichte die Videoaufzeichnung eine nachhaltige Dokumentation ihrer Fertigkeiten. Da das Porzellanikon in einer für die Porzellanherstellung und -industrie nach wie vor bedeutenden Region beheimatet ist, können lokale Besucher*innen meist einen persönlichen Bezug herstellen. Diese persönliche Relation unterstützt den Erhalt von Wissen und Wertschätzung für Porzellan und seine Herstellung.

Das Bach-Museum befindet sich durch seine Verbindung mit dem Bach-Archiv in einer besonderen Situation, da es das Leben und die Werke Bachs aus unterschiedlichen Perspektiven und Expertisen beleuchtet und zugleich Grundlagenforschung betreibt. Demnach arbeitet das Bach-Museum mit verschiedenen Träger*innengruppen und Expert*innen zusammen, darunter auch viele Klangkünstler*innen. Dies ermöglicht einen interdisziplinären und vielfältigen Blick auf das IKE, nicht nur in Bezug auf Musik, sondern auch auf Handwerkskünste wie den Instrumentenbau. Diese Multiperspektivität scheint die Zusammenarbeit mit externen Gruppen zu erleichtern und das Entstehen von partizipativen Projekten zu fördern. Gerade im Hinblick auf die Weitergabe des IKE ist die Vernetzung der Akteur*innen und Trägergruppen wichtig. Auch hier ist die Besonderheit, ähnlich wie beim Porzellanikon, dass ein breites Spektrum an Expertise bereits durch die Mitarbeitenden selbst abgedeckt wird.

Das Historische Museum Frankfurt ist über seine offene Plattform Stadtlabor Digital für Frankfurter Bürger*innen mit verschiedenen Personen und Gruppen vernetzt. Es geht um historische und aktuelle Einblicke in das Leben und die Kultur Frankfurts. Individualität spielt dabei eine wichtige Rolle, ebenso wie Gruppenaktivitäten. Es geht um die persönliche Perspektive der Frankfurter*innen und ihre Wahrnehmung der Stadt. Der Austausch mit Nutzer*innen und communities die Inhalte hochladen ist ein zentraler Aspekt, der zukünftig noch weiter gestärkt werden soll. Darüber hinaus hat sich das Stadtlabor Digital vorgenommen, in Zukunft verschiedene Themen und Interessensgebiete noch stärker hervorzuheben, um gezielten Austausch und Vernetzung mit den Communities zu ermöglichen. Eine themenspezifische Anordnung der Beiträge erleichtert die Zusammenarbeit mit den „communities of practice“ und IKE-Träger*innen. Daher erscheint es in Bezug auf das Projekt sinnvoll, nutzergenerierte Beiträge zu klassifizieren und bestimmten IKE-Bereichen zuzuordnen, um eine Vernetzung und Kooperation mit den entsprechenden IKE-Akteur*innen zu ermöglichen.

Im Buddenbrookhaus wurde die Anwendung Ambient Learning Spaces (ALS) hauptsächlich intern von Mitarbeitenden im Haus und einem externen Forscher entwickelt. Die Inhalte der Ambient Learning Spaces sind ein „Hausprojekt“ und spiegeln somit die unterschiedlichen Perspektiven der Mitwirkenden wider.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Multiperspektivität von allen Interviewpartner*innen als unverzichtbarer Mehrwert für die Entwicklung und Weiterentwicklung einer digitalen Anwendung im Bereich IKE angesehen wird. Gemeint ist damit die Einbeziehung verschiedener Perspektiven und Expertisen und der Austausch mit IKE-Träger*innen. Man war sich darüber einig, dass nur auf diese Weise die Komplexität und Vielfalt von IKE umfassend abgedeckt werden kann. Das Porzellanikon und das Bach-Museum haben deshalb bereits im Entwicklungsstadium der Anwendung IKE-Träger*innen einbezogen, die allerdings zugleich in einer Doppelfunktion als Mitarbeitende und Freischaffende am jeweiligen Haus beschäftigt oder assoziiert waren. Die digitalen Anwendungen der beiden anderen Häuser wurden zunächst inhouse ohne Einbeziehung von IKE-Träger*innen entwickelt, zugleich aber als flexible Infrastruktur konzipiert, die eine große Vielfalt und Bandbreite an Beiträgen aus unterschiedlichen communities of practice einbinden und miteinander vernetzen soll. Entsprechend plant das Historische Musuem Frankfurt derzeit strukturelle Anpassungen, um die Vernetzung von IKE-Akteur*innen untereinander zu verbessern. Hier könnte eine Klassifizierung nutzergenierter Beiträge nach IKE-Bereichen sinnvoll sein.

2. Partizipation

Neben der Beteiligung von IKE-Träger*innengruppen an der (Weiter)Entwicklung und Ausgestaltung der Anwendung wird in der Kategorie Partizipation das Erlebnis und die Einbindung der Nutzer*innen in Bezug auf die digitale Anwendung in den Blick genommen. Die Möglichkeiten zur Partizipation von Nutzer*innen hängen von den technischen Gegebenheiten, Gestaltungsspielräumen und Inhalten der digitalen Anwendung ab.

Nutzer*innen, die das YouTube-Video-Tutorial zum Porzellangießen des Porzellanikons betrachteten, den Anweisungen folgten und mit eigenen Händen etwas aus Porzellan anfertigen, leisteten selbst einen Beitrag (contribution): sie wurden zu Akteur*innen, die zur Ausübung von IKE beitrugen. Der Schwerpunkt des Videos lag dabei auf dem Anleiten und eigenen Herstellen, die Beziehung zwischen Museum und Akteur*in blieb also bilateral. So wurden die selbst gegossenen Objekt zwar in der Hälfte der Fälle noch einmal zum Brennen in das Porzellanikon gebracht, aber die Akteur*innen wollten ihre Kreationen anschließend wieder mit nach Hause nehmen. Das gemeinschaftliche Mitgestalten (co-creation) im Sinne einer kollektiven Präsentation der Ergebnisse und einem Erfahrungsaustausch untereinander blieb aus. Damit ein solches Format IKE-Akteur*innen zu einer „community of practice“ verbindet, müsste es beispielsweise mit einer konkreten Einladung zum gemeinsamen Ausstellen verbunden und umgesetzt werden. Das Hervorheben des eigenen Mitwirkens und Mitgestaltens scheint bedeutend für partizipative Herangehensweisen zu sein. Mit einer konkreten Aufforderung können sich die Nutzer*innen bewusst für einen eigenen Beitrag entscheiden und Ausstellungen mitgestalten. 

Das Stadtlabor Digital knüpft an das langjährige Stadtlabor des Historischen Museums in Frankfurt an, in dem sich Frankfurter*innen aktiv an Ausstellungen beteiligen können und  dabei viel video-content in Ausstellungsstationen produziert wurde. Von Anfang an wurde auch die Plattform Stadtlabor Digital partizipativ konzipiert. Unter dem Motto „Zeig mir dein Frankfurt“ sind Nutzer*innen eingeladen, ihr Wissen, ihre Geschichten und ihren Alltag rund um Frankfurt zu teilen. Auf diese Weise bringen die Nutzer*innen ihre eigenen Ansichten und ihr spezifisches Wissen ein. Dies ermöglicht einen breiten und vielfältigen Austausch von Erfahrungen und Perspektiven. In diesem Zusammenhang geht es auch um gemeinsames Lernen und Ausprobieren. Die Veröffentlichung von Beiträgen unterliegt dabei einer redaktionellen Prüfung durch das Museum.

Generell scheint die Plattform für Schulprojekte gut geeignet zu sein. So gibt es beispielsweise ein Kooperationsprojekt mit der Otto-Hahn-Schule, die eigene Beiträge zu Denkmälern erstellt hat. Diese Beiträge, die einen gewissen Aufwand erfordern, entstehen allerdings in einem angeleiteten setting, so dass sich hier der partizipative Ansatz mit schulischen Vermittlungsformaten vermischt. 

Was die Zusammenarbeit mit Nutzer*innen betrifft, so arbeitet das Stadtlabor Digital daran, die Anwendung benutzerfreundlicher zu gestalten. Eine einfache Handhabung und Bedienbarkeit der digitalen Anwendung sind dabei fundamental. Hier soll Partizipation realisiert werden, indem die Nutzer*innen im Vorfeld und begleitend nach ihren Bedürfnissen befragt und in testings einbezogen werden, um Usability und User Experience kontinuierlich zu verbessern. Von den Macher*innen der Plattform diskutiert wird auch der langfristige Umgang und die nachhaltige Dokumentation von Nutzer*innenbeiträgen. Da Stadtlabor Digital zunächst aus Projektmitteln finanziert wurde, hängt die weitere Entwicklung von der Bereitstellung entsprechender Ressourcen ab.

Die Ambient Learning Spaces des Buddenbrookhauses scheinen ebenfalls für die Zusammenarbeit mit Schulen gut geeignet zu sein. Auch hier erfolgt die Beteiligung – ähnlich wie beim Stadtlabor Digital – über Content-Produktion und weniger über die Beteiligung an der Konzeption und Planung. Das System kann theoretisch von anderen Institutionen genutzt werden, dies bedarf jedoch der Zustimmung und Genehmigung des Hauses/der Kurator*innen. Theoretisch könnte man mit dem System und insbesondere den Targets relativ einfach eine eigene Ausstellung konzipieren.

Das Online-Spiel Bach interaktiv aus dem Bach-Museum bietet keine Partizipationsmöglichkeiten für die Nutzer*innen. Das Format setzt auf einen spielerischen Zugang zu Bach und seiner Musik und ermöglicht einen niedrigschwelligen Einstieg in die Musik von Johann Sebastian Bach durch das Ausprobieren verschiedener Inhalte (z.B. das Komponieren eines eigenen Musikstücks). Die Entwicklung des Formats war jedoch – wie bereits erwähnt – ein kooperativer Prozess, an dem auch IKE-Akteur*innen beteiligt waren.

Damit die Nutzer*innen hinreichend über Möglichkeiten der eigenen Teilhabe informiert sind und diese auch umsetzen können, ist es wichtig, dass die digitale Anwendung dieses Anliegen in einen konkreten Appell und klaren Auftrag zum gemeinsamen Gestalten übersetzt. Drei der untersuchten Anwendungen realisierten eine partizipative Einbindung, indem sie ihre Nutzer*innen zur Generierung von eigenen Beiträgen (Content) ermutigten. Offene Beiträge auf Plattformen erfordern in der Regel eine redaktionelle Überprüfung und somit weitere Ressourcen, die es mitzudenken gilt. Im Fall von IKE ist es wichtig sicherzustellen, dass es dabei nicht bei einer bilateralen Beziehung zwischen Nutzer*in und Museum bleibt, sondern auch eine Vernetzung und ein Gemeinschaftserlebnis im Sinne einer „community of practice“ entsteht. Nutzer*innenbedürfnisse sollten deshalb bei der technischen und konzeptionellen (Weiter)Entwicklung eines partizipativen Angebots berücksichtigt werden, um eine niedrigschwellige/hürdenlose Mitgestaltung und Vernetzung zu gewährleisten. Die befragten Häuser haben diese Problematik erkannt und arbeiten derzeit, soweit es die Ressourcen erlauben, an der Weiterentwicklung ihres Nutzer*innenerlebnisses.

3. Emotionale Ansprache & kognitive Vermittlung (Rezeption)

Neben der Konzeption und Entwicklung und den entsprechenden Erfahrungsberichten hat das Nutzer*innenerlebnis einen besonderen Stellenwert. Dabei sind die Bedeutung und Ansprache von Gefühlen von Relevanz. Wird Wissensvermittlung unterstützt durch den persönlichen Bezug aufgrund der Ansprache von Gefühlen, kann es auch zu einer veränderten Wahrnehmung und somit zu einer Transformation des IKE kommen.

Da Gefühle immer mit einer kognitiven Bewertung einhergehen und die Wissensvermittlung im Museumsbereich entscheidend ist, wird der Zusammenhang zwischen der Ansprache von Gefühlen und der kognitiven Vermittlung aus der Perspektive der Museumsmitarbeitenden im Rahmen der Tiefeninterviews näher untersucht. Aus Gründen der Lesbarkeit wurde sich an dieser Stelle nur auf zentrale Teilaspekte des Forschungsvorhabens konzentriert. Eine ausführlichere Analyse der Interviews mit entsprechenden Zitaten ist im abschließenden Gutachten des Projekts zu finden. Dort werden auch Messinstrumente zur Messung von Emotionen vorgestellt.

Mitarbeitenden aus dem Porzellanikon war für das Nutzer*innenerlebnis insbesondere das Wecken von Interesse wichtig: es erleichtert das Verständnis des Dargestellten und fördert so die Wissensvermittlung. Interesse lässt sich den Basisemotionen nach Ekman und Friesen (1971) zuordnen und ist eine relevante Emotion im Kontext von Medienrezeption (vgl. Renaud & Unz 2006). Darüber hinaus ist die Ansprache von Gefühlen und das damit verbundene leichtere Verständnis des komplexen Vorgangs zur Porzellanherstellung hilfreichfür die Wertschätzung des Materials und unterstützt somit die Weitergabe/Erhaltung des Wissens um das IKE.

Das Video soll das Besuchererlebnis simulieren und zusätzlich die Freude am Experimentieren wecken: Das Betrachten des Videos und die Auseinandersetzung mit dem Thema und den Materialien soll Spaß machen und so das Interesse an der Porzellanherstellung wecken. Dies unterstreicht erneut die Verbindung von emotionalen und kognitiven Prozessen. In den angesprochenen Gefühlen wird auch Wissen vermittelt – ohne überladene Theorie.

Zudem gibt es bei emotionalen Prozessen eine körperliche Komponente in Form einer somatischen Äußerung von Affekten. Sinneswahrnehmungen können den Wissenstransfer unterstützen und Wissen erlebbar machen. Das Zusammenspiel von körperlichem und affektivem Erleben findet statt, indem unter Anleitung eines Youtube-Videos selbst Porzellan hergestellt wird. Die körperliche Erfahrung unterstützt das Ansprechen von Emotionen und die Verinnerlichung des wahrgenommenen Reizes – in diesem Fall die Auseinandersetzung mit den Materialien, die zur Herstellung von Porzellan verwendet werden.

Auch die QR-Codes der Ambient Learning Spaces des Buddenbrookhauses sollen nach Aussage der Interviewpartner*innen Interesse wecken und zum Besuch anregen sowie die Auseinandersetzung mit Inhalten außerhalb des Museums ermöglichen. Im Tiefeninterview wurden außerdem Überraschung und Neugier als Gefühle genannt, die den Zugang erleichtern könnten.

Die ALS zeichnen sich insbesondere durch ihren explorativen Charakter aus: Durch die eigenständige Bewegung und Entdeckung durch den Raum wird Neugierde geweckt. Ein Überraschungseffekt ist in der Erscheinung der 3D-Objekte auf dem Smartphone immanent. Technik an sich kann ebenfalls emotionale Prozesse auslösen, wie z.B. Neugierde, Überraschung und Faszination. Diese Emotionen scheinen im Zusammenhang mit moderner Technik be sonders bedeutsam zu sein, sofern eine Affinität zu neuen Medien vorhanden ist. Sowohl Neugierde als auch Überraschung stellen Emotionen dar (vgl. Renaud & Unz 2006; Schindler et al. 2017). Die Macher*innen gehen davon aus, dass Überraschung und Neugierde den Lerneffekt fördern, d.h. dass ein positiver Zusammenhang zwischen der Ansprache von Emotionen und der Vermittlung von Wissen besteht. Darüber hinaus ist auch hier die bereits erwähnte körperliche Komponente von Bedeutung: Die Nutzer*innen bewegen sich durch den Raum und entdecken die Objekte mit dem Smartphone. 

Die Interviewpartner*innen sehen ALS so aufgestellt, dass für die Benutzung der Anwendung kein Vorwissen benötigt wird. Durch das Erzählen lustiger Geschichten wird ein niederschwelliger Einstieg in das Thema der Familie Mann ermöglicht. Narratives Storytelling soll nach Einschätzung der Macher*innen den emotionalen Bezug begünstigen, indem es den persönlichen Zugang zum Thema und damit auch die Wissensvermittlung gestärkt.

Im Interview mit Mitarbeitenden des Bach-Museums wurden im Zusammenhang mit der Ansprache von Gefühlen ebenfalls Überraschung und die Verbindung zwischen emotionalen und kognitiven Prozessen hervorgehoben. Einerseits geht es darum, durch Überraschung Interesse zu wecken und durch die Musik Gefühle anzusprechen, gleichzeitig sind Wissensvermittlung und Lernen grundlegend. Einerseits spricht das Spiel Emotionen an, indem es die Nutzer*innen überrascht. Gleichzeitig werden auf spielerische Art und Weise lernpädagogische Aspekte vermittelt, wie zum Beispiel das Kennenlernen einer Fuge im Fugenspiel.

Laut der Direktorin des Bach-Museums ist „Musik per se emotional“. Sie betont das breite Spektrum an Emotionen und verdeutlicht, dass ein Musikstück sowohl positive als auch negative Gefühle hervorrufen kann. Darüber hinaus spielen persönliche Einstellungen und situative Befindlichkeiten eine wichtige Rolle bei der Wahrnehmung eines Musikstücks. Dieses Beispiel verdeutlicht, dass bei der Rezeption sowohl emotionale und motivationale als auch kognitive Prozesse ablaufen, die sich gegenseitig bedingen. Die Bewertung des Stücks ist eher ein kognitiver Prozess, aus dem die entsprechenden emotionalen Gefühle entstehen, wie z.B. genervt oder fasziniert sein. Je nach Gefühl führt dies zu einer weiteren, längeren Beschäftigung mit dem Dargebotenen oder, bei negativen Emotionen, zu einem Abbruch. Diese (Nicht-)Dispositionen können als Motivationstendenzen bezeichnet werden.

Auch „selbst aktiv werden“ und „selbst ausprobieren“ (Bsp. Bach interaktiv) sollen sich nach Einschätzung der Interviewpartner*innen positiv auf die Gefühle und die Akzeptanz der digitalen Anwendung bei den Nutzer*innen auszuwirken. Das eigenständige Herausfinden und Erarbeiten unterstützt die Wissensvermittlung und ruft positive Gefühle hervor.

Emotionen spielen nach Ansicht der Interviewpartnerin auch in der Plattform digitales Stadtlabordes Historischen Museums Frankfurt eine Rolle, da es sich um die „gefühlte Stadt“ handelt. Es gibt eine Vielzahl von Beiträgen auf der Plattform, die Emotionen thematisieren und teilweise sehr bewegend sind, zum Beispiel wenn es um Flucht und Migration geht. Besonders hervorzuheben ist dabei, dass die Geschichten und Beiträge von Menschen stammen und schon allein dadurch eine persönliche Ebene entsteht. Es geht um die Perspektive der Nutzer*innen. Die Interviewpartnerin bringt einen interessanten Aspekt in die Diskussion, nämlich, dass für Emotionen kein Vorwissen erforderlich ist. Hier zeigt sich das Potenzial eines niedrigschwelligen Einstiegs durch das Herstellen eines persönlichen Bezugs, der Emotionen hervorrufen kann. Diese Annahme wird auch im Bach-Museum vertreten.

Die Tiefeninterviews haben übereinstimmend gezeigt, dass Emotionen in der Einschätzung der Entwickler*innen für die Rezeption einer digitalen Anwendung von Bedeutung sind. In erster Linie geht es darum, das Interesse und die Neugierde der Nutzer*innen zu wecken. Dabei scheint die Erzeugung von Aufmerksamkeit durch Überraschung im Vordergrund zu stehen. Überraschungsmomente können zu einer Hinwendung und weiteren Beschäftigung mit einer digitalen Anwendung führen. Dies kann als motivierende Tendenz beschrieben werden und unterstreicht den Dreiklang aus Emotion, Kognition und Motivation bei der Rezeption. Die Tiefeninterviews haben verdeutlicht, dass die Entwickler*innen digitaler Anwendungen zur Vermittlung von IKE den Zusammenhang von emotionalen und kognitiven Prozessen identifiziert haben und für sich nutzbar machen wollen. Indem Emotionen angesprochen werden, sollen der Zugang und die Wissensvermittlung erleichtert werden. Durch die Ansprache von Gefühlen – gemeint sind hier sowohl positive als auch negative Emotionen – soll Einfluss auf den Wissenstransfer genommen werden. Werden die Nutzer*innen auf der emotionalen Ebene erreicht, geht man davon aus, dass dieses persönliche Erleben auch den Wissenstransfer und die spätere Erinnerung unterstützt. Narratives Storytelling scheint besonders günstig, um diesen Effekt zu fördern. Inwiefern der Fokus auf Emotionalität bei der digitalen Vermittlung von IKE eine besondere Rolle spielt, ist ein Desiderat der Forschung, das durch weitere Befragungen und insbesondere durch eine vergleichende Nutzer*innenstudie in Zukunft bearbeitet werden muss.

Erfahrungen

Die semistrukturierten Tiefeninterviews ermöglichen ein umfassendes Verständnis für den Entwicklungskontext der jeweiligen digitalen Anwendungen, auf deren Basis eine umfassende und exemplarische Analyse zu verschiedenen Fragestellungen rund um Entwicklung, Konzeption, Finanzierung, Prozesse und Lessons Learned erfolgen kann. Die qualitative Forschungsmethode eignet sich dabei besonders gut, um die Komplexität des Themas aus Sicht der Entwickler*innen abzubilden. Eine repräsentative Auswahl von Fallbeispielen nach mehreren Dimensionen ist sehr wichtig, da in dieser Intensität nur wenige Fälle untersucht werden können. Qualitative Auswertungen können je nach Fülle des Materials recht aufwändig und umfassend sein, weshalb für die Analyse ausreichend Zeit eingeplant werden sollte.

Quellenverzeichnis

Bock, M. „Das halbstrukturierte-leitfadenorientierte Tiefeninterview: Theorie und Praxis der Methode am Beispiel von Paarinterviews“ In Analyse verbaler Daten: über den Umgang mit qualitativen Daten, edited by J. H. P. Hoffmeyer-Zlotnik, 90-109. Opladen: Westdeutscher Verlag, 1992. https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-25663

Ekman, P., and Friesen, W. V. „Constants across cultures in the face and emotion.” In Journal of Personality and Social Psychology 17(2), 124-129. 1971.

Mayring, P. „Qualitative Inhaltsanalyse.“ In Texte verstehen: Konzepte, Methoden, Werkzeuge, edited by  Boehm, A. Mengel, A. and Muhr,T., 159-175). München, Tübingen: UVK Verlag, 1994.

Renaud, D. & Unz, D. (2006). Die M-DAS – eine modifizierte Version der Differentiellen Affekt Skala zu Erfassung von Emotionen bei der Mediennutzung. Zeitschrift für Medienpsychplogie, 18 (N.F. 6)2, 70–75.

Ruhl, K. “Rezension zu: Jane Ritchie & Jane Lewis (Hrsg.) (2003). Qualitative Research Practice. A Guide for Social Science Students and Researchers.” In Forum Qualitative Sozialforschung/Forum: Qualitative Social Research 5(3), Art. 21, 2004. http://nbnresolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs0403213.

Schindler, I., Hosoya, G., Menninghaus, W., Beermann, U., Wagner, V., Eid, M., and Scherer, K. R. „Measuring aesthetic emotions: A review of the literature and a new assessment tool” In PloS ONE, 12(6), e0178899, 2017. doi: 10.1371/journal.pone.0178899

Weitere Ergebnisse im Teilprojekt

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Studien und Handreichungen

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