Fulminantes museum4punkt0 | finale mit über 400 Teilnehmenden
Netzwerken, Apps kennenlernen, Digitalität weiterdenken: museum4punkt0 teilt seine Expertise zur digitalen Vermittlung ganz im Sinne nachhaltiger Projektarbeit.
Digitale Vermittlung im Berliner Kulturforum
Zwei Tage lang hat das deutschlandweite Netzwerk für die digitale Vermittlung das Berliner Kulturforum bespielt. Mit offenen Austauschformaten, Workshops, Impulsen und vielen Gelegenheiten zur Diskussion wurde aus der abschließenden Projekt-Werkschau ein Ort des nachhaltigen Wissenstransfers: bereichernde Gespräche wurden geführt, viel Input wurde mitgenommen, neue Kontakte wurden geknüpft und Netzwerke weitergespannt.
Im Zeichen der Nachhaltigkeit: „Man wird nur zusammen schlau!“
Johann Herzberg, CIO der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und Gesamtleitung des Verbundprojekts, begrüßt zum „Best-of“ aus sechs Jahren Verbundarbeit: „So viele Praktiker*innen der digitalen Vermittlung kommen hier zusammen wie nie. Unsere Abschlussveranstaltung steht im Zeichen der Nachhaltigkeit, dem großen Thema des digitalen Wandels.“
Was bleibt nach sechs Jahren museum4punkt0?
Gero Dimter, Vizepräsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz: „In den letzten sechs Jahren hat sich museum4punkt0 immer wieder neu erfunden. Was bleibt? Neben Anwendungen, Erfahrungswerten und Austauschformate die Erkenntnis: Wir schaffen den digitalen Wandel nur gemeinsam.“
Eine kreative Annäherung
Was ist museum4punkt0, dieses wahnsinnig große und großartige Verbundprojekt mit seinen 27 Teilprojekten und noch viel mehr einzelnen Projekten? Eine kreative Annäherung bietet Poetry-Slammerin Alina Habert von den Kiezpoeten. Ihr gelingt ein ganz besonderer Rundumschlag unter dem Motto „Stell Dir mal vor!“, mit dem sie die Vielfalt und Visionskraft von museum4punkt0 erfasst und treffsicher die Erkenntnis formuliert: „Man wird nur zusammen schlau.“
Werkschau und Wissenstransfer im Kulturforum: Austausch zur digitalen Vermittlung
Ziel von museum4punkt0 ist es, Wissen zu teilen und nachhaltig zu wirken. In diesem Sinne organisierte das Projektsteuerungsteam das Finale als Werkschau mit einem vielfältigen interaktiven Angebot, das immer wieder neue Impulse setzte und Gesprächsanlässe bot: an den Ständen, in Workshop-Räumen, auf dem Podium, an offenen Thementischen.
27 Teilprojekte stellen ihre Ergebnisse vor
In der Werkschau präsentierten diejenigen die Projektergebnisse von museum4punkt0, die in den letzten Jahren konzipiert, entwickelt, um- und weiterentwickelt haben. Es war ein besonderes Erlebnis für die Mitarbeitenden der mittlerweile 27 Teilprojekte, ihre Projektergebnisse zu zeigen und darüber ins Gespräch zu kommen.
Austausch auf der Werkschau
Anhand der Apps, von bereits implementierten und evaluierten Angeboten bis hin zu Prototypen, tauschten sich die Expert*innen aus dem Verbund mit Fachkolleg*innen zu Details aus oder stellten sich Fragen wie „Was wäre für unser Haus die passende digitale Vermittlung?“. Viele Besuchende traten mit gezielten Fragen zu eigenen Projekten an die Stände.
Vielfältiges Angebot
Durch die Vielfalt des Angebots leiteten Fragestellungen zu den Teilprojekten. Fragen wie „Vom kunst- zum technikhistorischen Museum: Wie funktioniert Nachnutzung?“, „Wie können Besuchende mit Augmented Reality museale Inhalte im Stadtraum entdecken?“ oder „Welche Chancen bieten hybride Formate für Museen?“ gaben Impulse für die Gespräche an den Ständen, die sowohl die Präsentierenden als auch die Besuchenden als bereichernd bezeichneten.
Offene Workshops
Zusätzlich zu der Präsentation an den Werkschauständen luden die Expert*innen zu offenen Workshops ein. In kollegialer Atmosphäre berichteten sie transparent über Entwicklungsschritte, Arbeitsmethoden, Herausforderungen und Erkenntnisse und kamen mit den Teilnehmenden ins Gespräch zu Themen wie dem Einsatz von Serious Games in Geschichtsmuseen. Neben Einblicken in den 3D-Scan-Prozess gab es Gesprächsangebote zur Frage, welchen Mehrwert immersiv-virtuelle Inszenierungen im Museum haben oder wie ein partizipatives Unterrichtskonzept zum Thema Alltagsgeschichte aussehen kann und vielem mehr.
Feedback
Auf einer Feedbackwand sowie in vielen Gesprächen erhielten wir jede Menge Feedback. Der Workshopcharakter der gesamten Veranstaltung und die vielen Möglichkeiten zum Austausch wurden gelobt. Doch es wurde auch kritisiert, dass in einigen der Workshops weniger gemeinsam gearbeitet als diskutiert wurde. Die Einblicke in die Praxis gaben eher Impulse und vermittelten Erkenntnisse mit viel Verve und Begeisterung, was wiederum gelobt wurde.
In Interaktion: Impulse, kollegiale Fallberatung, „Speed-Dating“ und Gemurmel
„Es bleibt wenig Zeit zum Twittern, weil man kaum in Frontalvorträgen rumsitzt, sondern in kleinen Gruppen und Workshoprunden im regen Austausch ist“, hieß es auf Twitter. Das Thema digitale Vermittlung verlangt es geradezu: gemeinsamer Erkenntnisgewinn durch Interaktion. Darum ging es in den vielfältigen interaktiven Formaten.
„Agile Cherries“ und Blicke in die Zukunft
In „Agile Cherries“ wurden gemeinsam Kirschen gepflückt: Antje Brost und Johanna Willner von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz gaben Impulse zu agilen Methoden, die sie für ihren Arbeitsalltag spezifisch auswählen, sich also die roten Kirschen vom Baum pflücken. Den Blick in die Zukunft richteten Gergana Vladova, Forschungsgruppe Bildung und Weiterbildung, Weizenbaum-Institut, Johann Herzberg, SPK, und Clemens Neudecker von der Staatsbibliothek zu Berlin, die zu Chancen und Herausforderungen von maschinellem Lernen / Künstlicher Intelligenz für Kulturerbeeinrichtungen berichteten.
„Murmel-Sessions“
Zum Thema „Content is King! Erzähl- und Gamificationformate zur Kulturvermittlung mit AR“ gaben Expert*innen aus dem Verbund Impulse. In „Murmel-Sessions“ brainstormten die Zuhörer*innen miteinander und entwickelten in nur wenigen Minuten erste Ideen zur Vermittlung einer Büste bzw. einer Freifläche mit Augmented Reality. Das Format „Impulse und Interaktion“ zeigte eindrucksvoll, wie Wissenstransfer inspiriert: In kürzester Zeit wachsen spontane Ideen im Austausch miteinander. Damit spiegelte die Veranstaltung auch den Grundgedanken des Verbundprojekts insgesamt. museum4punkt0 war von Beginn an als Ideenlabor angelegt, indem das gemeinsame Lernen im Vordergrund stand.
User Experience (UX) im Museum
Noch mehr „hands-on“ bot beispielsweise „Hacking UX im Museum“: Welche Beachtung findet das Thema User Experience (UX) im Museum, welche Besonderheiten gibt es in Kulturerbeeinrichtungen, welche Wege gibt es, um UX präsenter zu machen? Die Teilnehmenden brachten Erfahrungen aus der Praxis ein, diskutierten Lösungswege und nahmen die Impulse zum Thema auf, um mit viel Begeisterung und Humor spontan und kreativ „UX Boxen“ zu basteln: How to sell UX to your Museumsleitung!
Digitale Vermittlung im „World Café“
Kollegial beraten
museum4punkt0 konkret: zu eigenen Projekten konnten sich die Teilnehmenden an den Ständen jederzeit kollegial beraten lassen und Ideen diskutieren. Darüber hinaus bot das Format der kollegialen Fallberatung Gelegenheit, eine konkrete Frage nach einem lösungsorientierten, moderierten Ablauf zu besprechen. Die Frage einer Teilnehmerin zu künstlicher Intelligenz wurde in einer kleinen Runde nach diesem Konzept bearbeitet, das sich in der Verbundarbeit von museum4punkt0 bereits bewährt hat. Als große Chance erwies sich einmal mehr, ein bestimmtes Thema aus der Praxis aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten – und das in einer offenen, kollegialen, vertrauten Atmosphäre.
Vernetzt euch! Keynote zum Gewinn von Netzwerken
„Netzwerke sind vielleicht die einzige Organisationsform, mit der wir den Herausforderungen der Zeit begegnen können.“ Julia Pagel vom Network for European Museum Organisations (NEMO) hob in ihrer Keynote die Gestaltungsmöglichkeiten und Reaktionsschnelle von Netzwerken hervor. Mit limitierten Ressourcen gelinge es, Menschen zusammenzubringen, die im Austausch Neues hervorbringen. Zu den Aufgaben bei der Pflege eines Netzwerkes gehöre es, die Selbst-Organisation im Netzwerk zu unterstützen, die Entstehung von Neuem zu fördern, anstatt Neues zu planen, Veränderungen anzunehmen und Spannungen zu unterstützen. Kristina Barekyan berichtete ergänzend von Projekten, etwa von Partnerschaften von Museen mit Technologieunternehmen, Agenturen und Start-ups.
Netzwerk-Expert*innen
Die Erfahrungen der Netzwerk-Expert*innen wurden von den Zuhörenden interessiert aufgenommen und nachgefragt. Mit dem abschließenden Hinweis „Start small and let it grow“ zeichnete Julia Pagel auch den Weg des Netzwerks museum4punkt0 nach, das mit sieben Partnerinstitutionen startete und auf 27 eng vernetzte Projektpartner wuchs. In einer Mentimeter-Umfrage beurteilten die Teilnehmenden der Keynote das Netzwerk museum4punkt0.
Austausch und Resonanz
Und dennoch, neben Gesprächen an den Ständen, Workshoprunden und Interaktionen wurde viel getwittert. Die Diskussionen wurden in die Social Media-Kanäle weitergetragen und es gab viel positive Resonanz. Die Kulturvermittlerin Tanja Praske begleitete zusätzlich die Veranstaltung für museum4punkt0 und führte viele Interviews mit den Macher*innen von museum4punkt0, die in Kürze vertiefte Einblicke in das Projekt geben werden.
Was hat`s gebracht? Bilanz nach sechs Jahren Verbundprojekt
Mit dem Projektabschluss ist nicht Schluss: Wie wirkt das deutschlandweite Netzwerk zur digitalen Vermittlung weiter? Zum Ende des Projekts nach sechs Jahren wurde bilanziert und nach vorne geblickt.
Vernetzung ist zukunftsweisend
Zur Bilanz des Verbundprojektes gehörte die Wertschätzung des kooperativen und transparenten Miteinanders im Verbund, das als Vorbild bezeichnet wurde, wie Netzwerke arbeiten sollten. Alles, was in Richtung Vernetzung geht, wurde dann abschließend auch als zukunftsweisend bezeichnet: eine intelligente, an den Zielgruppen orientierte, nachhaltige Vermittlung.
Technik nicht um ihrer selbst willen
Johann Herzberg, SPK, betonte noch einmal den Ansatz von museum4punkt0, Technik nicht um ihrer selbst willen, sondern für die Vermittlung sinnvoll und passend einzusetzen. Heidrun Derks, Varusschlacht im Osnabrücker Land – Museum und Park Kalkriese, formulierte entsprechend: „Unser Ansatz war Inhalte, Inhalte, Inhalte.“ Voraussetzung dafür, technische Lösungen für inhaltliche Aufgaben zu finden, sei aber eben auch, die Möglichkeiten der Technik zu kennen, wie später im Gespräch mit dem Publikum hervorgehoben wurde.
Digital und analog
Eine weitere Prämisse, um die sich die Arbeit in museum4punkt0 gedreht hat, ist das Zusammenspiel von digital und analog: „Es braucht das Analoge.“ Immer wieder wurde im Rahmen der zweitägigen Veranstaltung diese Erkenntnis formuliert. Spätestens jetzt mit der umfangreichen Projektschau und dem ergänzenden Veranstaltungsprogramm ist klar, dass digitale Vermittlung nur ein Zusammenspiel von analog und digital sein kann und es beides braucht, um das Publikum zeitgemäß anzusprechen. Dazu gehörte auch die Forderung, sich immer wieder die Frage zu stellen, ob das, was wir tun, auch das ist, was die Besucher*innen wollen, um zukunftsfähig zu sein.
Eine Landschaft digitaler Angebote
Christian Gries, Landesmuseum Württemberg, zeigte sich beeindruckt von der „Landschaft an digitalen Angeboten“, die in museum4punkt0 gewachsen sei. Es sei eine „wirklich greifbare Kompetenz in den Häusern“ entstanden. Nun sei die Aufgabe, damit weiterzuarbeiten. Wie Claudia Emmert, Zeppelin Museum Friedrichshafen, formulierte: „Springen Sie auf die Boote auf, die jetzt im Wasser liegen.“
Einhellig wurde bestätigt, wie wichtig es im Sinne der Nachhaltigkeit sei, das Wissen, das entstanden ist, weiterzugeben. museum4punkt0 hat sich diesem Ziel bereits projektbegleitend verschrieben.
Book release: museum4punkt0 | workbook
Was nehmen wir mit? Was passt in den Beutel „digitale Vermittlung kompakt? Neben Block und Bleistift für analoge Notizen zum Beispiel ein Buch: Das museum4punkt0 | workbook, das am Abend des ersten Veranstaltungstages vorgestellt wurde, ist ein Werkzeugkasten für die die digitale Vermittlung. Es löste bereits während und im Nachgang des Finales große Resonanz aus als „wirksames Instrument, um Kompetenz weiterzugeben“.
Das Projekt endet, das Netzwerk bleibt
Dominika Szope, Kulturamt Karlsruhe: „Geben Sie das Buch weiter, erzählen Sie vom Projekt!“ Jedes Projekt muss mal zu Ende gehen, war während der zwei Tage wehmütig zu vernehmen. Doch das Verbundprojekt museum4punkt0 wird nachhaltig weiterwirken, wie auch die Veranstaltung zeigte. So wies das fulminante Finale zugleich auf das, was vor uns liegt auf dem Weg in die Digitalität. Viele Schätze sind noch zu heben, wie die Werkschau zeigte: vieles kann adaptiert, weiterentwickelt, neugedacht werden.
„Toll organisiert und informativ. Ich könnte noch zwei Tage weitermachen“, gab eine Teilnehmerin als Feedback und fasste damit die begeisterte Atmosphäre zusammen, in der intensiv gemeinsam gedacht, entdeckt, visioniert wurde. So verbreitete sich am Kulturforum eher Aufbruchsstimmung als Abschiedsschmerz.
museum4punkt0 und noch einmal auf den Punkt gebracht das museum4punkt0 | finale haben die Stärke der Museen gezeigt, den digitalen Raum zu bespielen, ihn bewusst zu nutzen, anstatt sich überrollen zu lassen. Vor allem bleibt das Netzwerk zur digitalen Vermittlung, um auch in Zukunft den digitalen Wandel im Schulterschluss zu gestalten.
Beitrag von Dr. Maite Kallweit