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Neue Wege mit einem starken Netzwerk – Museumsleiter Simon Matzerath zu digitalen Strategien im Historischen Museum Saar
Ihr Museum ist assoziierter Partner von museum4punkt0. Was versprechen Sie sich von der Zusammenarbeit?
Wir möchten unsere Ideen und Visionen gern in einem größeren, kompetenten Netzwerk diskutieren. Unser Ziel ist eine Neuausrichtung unseres Hauses unter Berücksichtigung digitaler Ansätze – sofern diese gewinnbringend eingesetzt werden können. museum4punkt0 sehen wir als Plattform, um die Qualität von Museen zu verbessern; mit dem Ziel, das Museum als Medium der seriösen und relevanten Information auch in Zukunft in der Mitte der Gesellschaft zu platzieren.
Mehrere Projekte der bei museum4punkt0 beteiligten Einrichtungen sind für uns in der Nachnutzung spannend – gleichzeitig wollen wir eigene Ansätze vorschlagen und aktiv mitwirken. Wir freuen uns auf einen offenen, produktiven Austausch und auch darauf, die Kompetenzen anderer Einrichtungen kennenzulernen. Für unsere Belange sehr vielversprechend finden wirProjekte des Deutschen Museums, der Staatlichen Museen zu Berlin, des Humboldt-Forums, des Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz. Ebenso interessant sind die Schwerpunkt anderer assoziierter Partner, wie das Landesmuseum Schleswig-Holstein, das Deutsche Historische Museum sowie das Haus der Geschichte.
Welche digitalen Angebote können BesucherInnen Ihres Museums bereits nutzen?
Wir haben gerade unsere 2.700 Quadratmeter große Ausstellungsfläche mit der Matterport-Software dreidimensional dokumentiert und übersetzen diesen Rundgang nun auf unsere Homepage. Wir nutzen sehr unterschiedliche multimediale Elemente, idealerweise immer da, wo sie unsere Erzählung optimal unterstützen. Wir testen seit drei Jahren verschiedene Anwendungsmöglichkeiten und beobachten die Rückmeldungen der Besucherinnen und Besucher. Gerade entsteht eine vielfältige Highlight-Tour durch das Museum (APP), die sowohl Schnittstelle in unsere Objekt-Datenbank als auch Erlebnis und Orientierung gleichermaßen bieten soll. Im September eröffnen wir das „Virtuelle Museum im Historischen Museum Saar“, eine für Einzelpersonen und Gruppen konzipierte Recherche-Insel zur Geschichte der Saarregion mit über 2.000 Medien, dazu VR-Touren und 360 Grad-Expeditionen. Aktuell spielt unsere 20er-Jahre-Ausstellung in einem Tag-/Nacht-Wechsel damit, multimediale Inhalte zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfahrbar zu machen.
Wie würde Ihre persönliche Visitor Journey rundum Ihr Museum und darin aussehen?
Wir begrüßen es, wenn der Museumsbesuch schon zuhause beginnt. Digitale Inhalte des Museums bieten wir Schritt für Schritt auf unserem YouTube-Kanal an. Auf unserer Homepage wird in den nächsten Tagen das 3D-Modell des Museums vorgestellt, dort lässt sich dann online das ganze Museum fotorealistisch erkunden. Ausgehend von 750 Scan-Punkten können unter anderem auch alle Thementexte bequem vom Endgerät gelesen werden. Sämtliche Angebote versuchen wir dreisprachig zu realisieren. Auf der Homepage wird nun auch ein Button „Online-Angebot“ installiert, unter dem sehr unterschiedliche Informationen zu entdecken sind. Abgelaufene Ausstellungen werden dort als 360°-Rundgang zu finden sein.
Im Museum bieten wir ab Anfang 2021 mithilfe von Beacons und NFC-Schnittstellen Orientierung beim Rundgang. Wir prüfen gerade bauliche Änderungen, um in den nächsten Jahren die Visitor Journey im Museum vollständig zu erneuern. Eine Herausforderung wird dabei die Einbindung der Kulturlandschaft, also relevanter Schauplätze aus der grenzüberschreitenden Region, ins Museum sein. Gerade schließen wir die Auswertung einer Nicht-Besucherevaluierung ab, die ebenfalls Aussagen zur Verbesserung einer Visitor Journey liefert. Insgesamt erhoffen wir uns durch die beteiligten Partner bei museum4punkt0 weitere Inspirationen, um das Besuchererlebnis optimieren zu können.
Welche Erfahrungen und Erkenntnisse hinsichtlich des Nutzungsinteresses digitaler Museumsangebote nehmen Sie mit aus der Zeit notwendiger Einschränkungen des regulären Betriebs?
Zunächst einmal scheint es mir sehr wichtig zu erkennen, dass digital aufbereitete Inhalte und multimediale Interaktionsmöglichkeiten nicht automatisch ein Interesse bedienen, sondern diese Module in Ausstellungen oder auch im Online-Bereich sehr konkret auf die Interessen der Besucherinnen und Besucher hin ausgerichtet werden müssen. Das bedeutet, im Digitalen gilt wie im Analogen, Qualität muss kuratorisch erarbeitet werden. Zu viele Anwendungen im Digitalbereich finde ich aktuell noch zu verkopft oder einfach zu wenig interessant.
Zur Zeit der Corona-Pandemie wurde von Seiten der Politik und der Medien verstärkt über unser digitales Angebot gesprochen und geschrieben. Tatsächlich aber haben wir keinen markanten Anstieg der Nutzerzugriffe festgestellt. Unserer Erfahrung nach hat der für die Corona-Pandemie beschriebene „Hunger nach Kultur“ sich nicht automatisch in der Nutzung von digitalen Angeboten kanalisiert. Ausnahmen haben wir aber wahrgenommen. Die Nutzerzugriffe bei digitalen Angeboten in der Zeit der Corona-Pandemie ist ein Punkt, den wir mit anderen saarländischen Museen schon besprochen haben, den wir aber im Netzwerk museum4punkt0 gerne vertieft diskutieren würden.
Wo sehen Sie Möglichkeiten, Synergien mit anderen Institutionen der deutschen Museumslandschaft zu nutzen? Wo sehen Sie in diesem Zusammenhang die Chancen von museum4punkt0?
Uns interessieren – wie eingangs kurz angedeutet – direkt mehrere Teilprojekte von museum4punkt0. Aktuell warten wir die weitere Entwicklung bzw. das nächsten Arbeitstreffen ab, um danach vielleicht konkrete Gespräche bezüglich einzelner Anwendungen führen zu können. Der Austausch von Konzepten und Software-Lösungen sowie die Weitergabe an andere Museen ist, unabhängig vom Historischen Museum Saar, ein wichtiger gesellschaftlicher Beitrag des Gesamtprojektes. Wir sind dem Netzwerk museum4punkt0 beigetreten, um ganz konkret auch eigene Projekte im Digitalbereich vorzustellen. Das Historische Museum Saar vereint Originalschauplätze der Geschichte, wie eine Gestapozelle oder die große Unterirdische Burg Saarbrücken. Unsere Konzepte müssen somit sowohl klassische Ausstellungsräume als auch historische Architektur und konkrete Baubefunde gleichermaßen berücksichtigen. Gerade diese Bandbreite erfordert eine innovative Einbindung und ein Nebeneinander von analogen und digitalen Modulen.
Beitrag von: Simon Matzerath
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