12. Februar 2019
Entwickeln, Vermittlungskonzepte

Medien, Museen und „Mein Objekt“

Wie kann Interaktivität, Personalisierung und Digitalität sinnvoll in Museen integriert werden?  „Mein Objekt“ arbeitet  mit spielerischen Ansätzen an Antworten.

In den letzten Jahrzehnten haben sich die Rezeptionserwartungen und -erfahrungen für MuseumsbesucherInnen stark geändert. Für Museen bedeutet das, dass sie diesen geänderten Anforderungen gerecht werden müssen. Ein wichtiger Faktor ist dabei, dass der Medien-Konsum sich spätestens seit der stark gestiegenen Verbreitung des World Wide Webs um die Jahrtausendwende stark in Richtung Interaktivität und Bidirektionalität verschoben hat (Web 2.0). MedienkonsumentInnen rezipieren nicht mehr einfach nur, sie wollen aktiv in den Dialog eintreten, individuelle Erkenntnisinteressen verfolgen können und eigene Perspektiven einbringen. Mit der massenweisen Verbreitung von Smartphones in Industrieländern haben sich diese Nutzungspraktiken noch einmal in Richtung kontextsensitiver, mobiler Nutzung verschoben.

Diese Trends sind nicht einfach technologische Entwicklungen, sondern fundamentale gesellschaftliche und kulturelle Wandlungsprozesse. Museen sind dabei nicht nur Träger, Beforscher und Bewahrer kulturellen Erbes, sie haben auch einen ganz zentralen Vermittlungsauftrag. Um diesen Vermittlungsauftrag in der Breite der Bevölkerung umsetzen zu können, ist es unumgänglich, den veränderten Rezeptionsgewohnheiten Rechnung zu tragen und neue, interaktivere und personalisiertere Formen der Wissensrepräsentation anzubieten.

Wie kann Interaktivität und Personalisierung in Museen integriert werden?

Eine zentrale Frage in diesem Zusammenhang lautet: Wie kann Interaktivität, Personalisierung und Digitalität sinnvoll, finanzierbar und sachgemäß in Museen integriert werden? Im Rahmen von museum4punkt0 wird u.a. das Projekt „Mein Objekt“ gefördert, das vom gamelab.berlin der Humboldt Universität in Zusammenarbeit mit der Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss realisiert wird. Das gamelab.berlin setzt sich mit Spielen zur Wissensvermittlung auseinander. Es geht davon aus, dass Menschen nirgendwo so leicht und effektiv lernen wie, da, wo sie Freude und Faszination empfinden. Spiele sind dabei wie keine andere Kulturtechnik geeignet, Motivation zu erzeugen. Insbesondere für Wissenschaft und Wissensvermittlung kann das zum entscheidenden Erfolgsfaktor werden. Daher forscht und entwickelt das gamelab.berlin in interdisziplinären Teams zwischen Praxis und Theorie zu Spielen als wesentlicher Kulturtechnik. Die prototypische Anwendung „Mein Objekt“ verfolgt einen museumsspezifischen Ansatz, der BesucherInnen bei ihren aktuellen medialen Gewohnheiten abholt.

Die Grundidee hinter „Mein Objekt“

„Mein Objekt“ bietet einen alternativen, spielerischen Zugang zu den in Museen gezeigten Objekten und hat sich zum Ziel gesetzt, die Museumserfahrung völlig zu verändern. Im Zentrum steht dabei unsere Beobachtung, dass Museen häufig hunderte, tausende oder gar zehntausende Objekte ausstellen und BesucherInnen oft mit der schieren Menge an Objekten und Informationstexten überfordert sind. Dies konfligiert mit dem gefühlten Anspruch, dennoch alles gesehen haben zu wollen. Am Ende steht zumindest für den/die ungeübten MuseumsbesucherIn die Erfahrung, zwar viel, aber kaum etwas richtig gesehen zu haben. „Mein Objekt“ dreht diese Erfahrung um.

Statt Tausender Objekte ordnet „Mein Objekt“ den BesucherInnen individuell zunächst genau ein Objekt zu. Dieses wird individuell auf dessen/deren Interessen, Erfahrungen und Erwartungen hin ausgewählt. Das Objekt ist dann auch nicht mehr passiv hinter einer Vitrine, sondern tritt mit den BesucherInnen in einen interaktiven und unterhaltsamen Chat-Dialog auf dem Smartphone. Dort werden Informationen erzählt, die auf keinem Beschreibungstext stehen und tief in die Geschichte der Objekte führen können. So werden einige Dialoge beispielsweise zusammen mit Source Communities geschrieben werden, von denen die Objekte ursprünglich stammen, oder zusammen mit ausgewiesenen Experten. Das ist besonders deshalb wichtig, um die Pluralität der Perspektiven zu betonen. Die Objekte werden so aktiv und kontrovers zum Leben erweckt und stellen immer wieder die Frage an die BesucherInnen zurück, wie sie sich selbst im jeweiligen Kontext verorten.

Das Ganze verschränkt sich mit kurzweiligen Interaktionen auf dem eigenen Smartphone oder Visitor Guide System. Sie sind kein Selbstzweck, sondern sollen den Blick der BesucherInnen gerade wieder konzentriert auf das Objekt zurückführen. Insbesondere die Möglichkeit, mit Objekten in einen subjektiv steuerbaren Dialog zu treten, soll den BesucherInnen helfen, subjektive, emotionale Bindungen zu den Objekten aufzubauen. Das Objekt zeigt sich dabei von einer ganz anderen Seite, als man es durch typische Beschreibungstexte im Museum gewohnt ist: Es spricht mal in launischem, mal neugierigem, mal traurigem oder ironischem Ton, geht dabei immer wieder direkt auf die Fragen und Antworten der BesucherInnen ein und spricht sie damit direkt, subjektiv und emotional an.

„MeinObjekt“ befindet sich in der iterativen Umsetzung, die immer wieder zwischen Konzeptualisierung, Implementierung und Testung wechselt, um ein möglichst gutes Ergebnis erreichen zu können. Parallel dazu werden die gesammelten Erkenntnisse und neue Forschungsfragen dokumentiert und der wissenschaftlichen Gemeinschaft zur Verfügung gestellt. Die wichtigste Beurteilung werden am Ende die BesucherInnen leisten: Unser Prototyp „Mein Objekt“ soll nach Eröffnung des Humboldt Forums interessierten BesucherInnen zum Testen bereitstehen.

Beitrag von: Christian Stein (gamelab.berlin)

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Blogbeitrag „Spielerisch forschen – (er)forschend Spielen“ 28. Januar 2019

Teilprojekt: RealDigital – Hybride Kultur-Veranstaltungen
Teilprojekt

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Objekte erkunden, Besucheridentifikation fördern – durch spielerische Ansätze und interaktive digitale Tools agieren BesucherInnen als KuratorInnen.

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