Museumsreise: Zusammenspiel von analogen und digitalen Erlebnissen
Wer besucht den digitalen Raum einer Kultureinrichtung, wer den analogen? Wer nutzt beide Räume wann und wie? museum4punkt0 nimmt NutzerInnen in den Blick
Digitale Räume öffnen sich einem digitalen Publikum – und haben damit nicht nur die Reichweite der Museen erheblich vergrößert, sondern auch ein neues Feld der Besuchsforschung eröffnet. Als NutzerInnen gestalten BesucherInnen aktiv ihr Museumserlebnis mit. Nicht zuletzt die vielen spontan und aus der Not heraus entstandenen digitalen Angebote von Kultureinrichtungen während der ersten pandemiebedingten Schließungen haben gezeigt, dass digitale Teilhabe weit über die Übersetzung analoger Vermittlung ins Digitale hinausgehen muss. Ziel sollte vielmehr die konzeptionell verankerte Digitalität der Museen sein, also ein stimmiges Zusammenspiel von analogen und digitalen Angeboten.
Damit korrespondiert die Vorstellung vom Museumserlebnis als „Visitor Journey“, als eine Reise, die weit vor dem Besuch eines Hauses beginnt und deutlich darüber hinausreicht. Digitale Räume ergänzen die Visitor Journey um weitere Stationen, anstatt den analogen Museumsbesuch zu ersetzen. Vom Service wie dem Ticket-Buchungssystems, über inhaltliche Informationen zu den Exponaten, die unterschiedliche Zugänge bieten und für verschiedene Wissensstände ausgelegt sind, Einsichten in die wissenschaftliche oder handwerkliche Arbeit hinter den Kulissen, nachhaltige Partizipationsangebote bis hin zum Leitsystem vor Ort: Das Museum ist digital erweiterter Lern- und Erlebnisort.
Das museum4punkt0-Teilprojekt der Staatlichen Museen zu Berlin widmet sich in zahlreichen Projekten der Frage, wie digitale Technologien sinnvoll den Museumsbesuch erweitern. Grundlage der Projektarbeit ist umfassende Forschung, die von der Motivation der BesucherInnen ausging und unterschiedliche Motivationstypen ergab, die eine je eigene Visitor Journey haben. Seit Beginn des Jahres arbeiten zahlreiche weitere Teams im Verbund museum4punkt0, die ihre Projektarbeit schon in der Entwicklung nutzerInnenzentriert ausrichten. Praxistests und Evaluierungen sind zentrale Schritte der prototypischen Arbeit in museums4punkt0. Der Blick auf die BesucherInnen und NutzerInnen ist Ausgangspunkt für die Konzeption der einzelnen Bausteine, aus denen sich die Museumsreise zusammensetzt. Funktionieren diese quasi als Baukastenprinzip, ist eine flexible Reaktion auf die sich permanent verändernden technologischen und gesellschaftlichen Bedingungen möglich. Vor allem aber wird nicht jede Museumsreise gleich verlaufen, sondern an den Interessen der jeweils Reisenden ausgerichtet sein.
Analoge und digitale BesucherInnen werden gleichermaßen geschätzt und in ihren Bedürfnissen ernst genommen. So wie es heute für das Selbstverständnis der Museen und die Relevanz von Kultureinrichtungen generell unabdingbar ist, digitale Partizipation anzubieten und kulturelles Erbe digital zugänglich zu machen, so sollte das kontemplative analoge Museumserlebnis weiterhin möglich sein – soweit es das Infektionsgeschehen irgendwann wieder zulässt. Vielfach wird es aber Überschneidungen geben: Aus digitalen werden analoge BesucherInnen und andersherum. Tatsächlich ist die Unterscheidung analog versus digital mit dem Ziel der Digitalität obsolet: BesucherInnen nutzen eine AR-Anwendung, um den historischen Rokoko-Saal der Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar zu erkunden und endlich zu erfahren, was sich hinter den Buchrücken verbirgt. Sie blicken virtuell in schwer einsehbare oder verborgende Räume, können dem eigenen Interesse und Wissenstand entsprechend Informationen abrufen, sich tiefgehend mit Objekten auseinandersetzen, eigene Inhalte dazu generieren und teilen. Das Digitale ist Werkzeug der Vermittlung von Inhalten – es braucht bedarfsgerechten Einsatz und kompetente Handhabe, um im sinnvollen Zusammenspiel von Analog und Digital eine schlüssige Museumsreise anbieten zu können.
Beitrag von: Kommunikationsteam Z
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