Was sind Grundlagen für die Entwicklung digitaler Angebote auf Open Source-Basis?
Mit dieser Ausgangsfrage starteten wir unsere impulse-Veranstaltung im August. Open Access, Open Data und Open Source-Software standen dabei im Fokus einer eintägigen Veranstaltung mit Ellen Euler und Till Jaeger im Berliner Projektbüro. Zentrale Themen unseres Workshops sind hier zusammengefasst.
Ein bedeutendes Ziel unseres Projekts ist es, Anwendungen zu entwickeln, die auch für andere Museen und Kultureinrichtungen in angepasster Form nutzbar sind. Darüber hinaus ist es als Selbstverständlichkeit anzusehen, dass ein mit öffentlichen Mitteln gefördertes Forschungsprojekt seine Ergebnisse der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt. Als der Verbund seine gemeinsame Arbeit aufnahm, wurde daher in den Kooperationsverträgen festgehalten, dass sämtliche Arbeitsergebnisse unter geeigneten freien Lizenzen zu veröffentlichen sind – unabhängig davon, ob es sich um Software oder Inhalte gleich welcher Art handelt.
Beispielhaft wurden Lizenztypen bereits in den Verträgen benannt. Doch welche Lizensierungsform passt zu welcher konkreten Situation? Wie lässt sich ein Maximum an Freiheit und Offenheit garantieren, wenn z.B. eine Softwareentwicklung Bestandteile verwendet hat, an denen Dritte bereits ein Urheberecht haben? Unter welchen Voraussetzungen können private Fotos veröffentlicht werden, die einem Museum zu Forschungszwecken zur Verfügung gestellt werden?
Doch allein mit der Klärung von Rechtsfragen ist der Weg für Open Access und Open Source noch nicht geebnet. Viel Mühe kann es bereiten, Vorbehalte gegen das freie Teilen von Wissen und Software zu überwinden. So hatten unsere Partner bereits Erfahrungen mit potentiellen Auftragnehmern gemacht, die Open Source-Lösungen skeptisch gegenüberstehen. Letztere befürchteten, dass dadurch die erwarteten Folgeaufträge anderer Einrichtungen ausbleiben könnten.
Um sowohl Sicherheit in der Vertragsgestaltung zu gewinnen, als auch für Verhandlungen argumentativ gewappnet zu sein, hatten wir daher Ellen Euler und Till Jaeger zu einer Vortragssession mit anschließendem internen Workshop eingeladen. Ziel der Veranstaltung war es somit zunächst, anhand von Vorträgen herauszuarbeiten, welche Lizensierungsformen den jeweiligen Bedürfnissen der Partner entsprechen. Die Beiträge von Ellen Euler und Till Jaeger stellen wir nun hier zur Verfügung:
#OpenGLAM. Voraussetzungen von #OpenAccess & #OpenData im Kulturbereich – Vortrag von Ellen Euler zum Nachhören
Transkription des gesprochenen Vortrags
#OpenGLAM. Voraussetzungen von #OpenAccess & #OpenData im Kulturbereich
Ellen Euler: Es geht um die Voraussetzung von OpenAccess und OpenData im Kulturbereich, was in museum4punkt0 ja auch ganz aktiv angestrebt wird. Es geht darum, wie machen Kulturerbeeinrichtungen, die aktiv digitale Strategien entwickeln und Angebote um eben dem Nutzerverhalten, um den neuen Bedürfnissen ihrer digitalen Besucher zu entsprechen, diesen digitalen Wandel aktiv mitgestalten können, indem sie offene Angebote machen.
Digitale Transformation und Kultur
Diese digitale Transformation, die verändert natürlich alle, nicht nur die Museen, sondern Kulturerbeeinrichtungen insgesamt. Und das betrifft nicht nur den Handlungs- und Wirkungsbereich des Kulturbetriebes und die interne Organisation, sondern vor allem aber auch die Präsentation und Vermittlungsarbeit. Und es verändert ganz grundlegend das Selbstverständnis der Kulturerbeeinrichtungen, die sich durch diese digitale Vermittlung und Präsentation ja auch öffnen – was zu einem eben ganz neuen und offenen Selbstverständnis führt. Wobei man sagen kann, es gibt so 50 shades of openes. Also es gibt ganz unterschiedliche ja Kategorien der Offenheit oder wie Kulturerbeeinrichtungen, wie Museen damit umgehen. Es gibt aber tatsächlich auch best practice.
Chancen offener Kulturangebote
Beziehungsweise diese Offenheit oder Vermittlung offener Angebote hat viele, viele Chancen. Das kennen Sie alles. museum4punkt0 hat sich ja umfassend damit beschäftigt und klar, dass das vor allem auch zur Internationalisierung beiträgt und dann das Objekt zum globalen Erkenntnisgegenstand wird. Ich habe ein paar dieser vielen Vorteile aufgezeigt. Auf jeden Fall eröffnet es eben die Möglichkeit auch von Teilhabe und macht es insbesondere Museen auch möglich spezifische Sammlung einer größeren Öffentlichkeit zu vermitteln und zu zeigen. Aber es ermöglicht eben auch ganz neue Formen auch der Präsentation und Vermittlung von Digitalisaten.
Das alles funktioniert aber nur, also alle diese Chancen, die quasi digitale, offene Vermittlungsangebote, Präsentationsformen mit sich bringen, setzten voraus, dass tatsächlich auch Daten interoperabel und in hoher Qualität über Schnittstellen in offenen Formaten, in standardisierten, normierten Formaten zur Verfügung gestellt werden. Erst dann lassen sich alle diese Chancen, diese Optionen auch tatsächlich realisieren.
Das hat aktuell auch eine Gruppe im Umfeld von Dariah, das ist ein Forschungsprojekt, aufgezeigt. Ich weiß nicht, ob Sie das bereits kennen, wenn nicht, das ist ein must read sozusagen einer Gruppe, die untersucht hat, wie ist der Stand der Digitalisierung von Kulturgut in Deutschland. Das ist das Dariah Working Paper Nummer 26. Ich habe aber hinten noch im Abspann eine Literatur, also eine Auswahl an Literatur, da stets auch mit dabei. Die Autorinnen stellen fest, dass im Grunde genommen wir mit der Digitalisierung und auch der Vermittlung ganz am Anfang stehen. Und das wird Sie verwundern, bei Projekten wie museum4punkt0 und den tollen und wahnsinnig vielfältigen, innovativen Vermittlungsangeboten, die wir haben. Aber sie kommen zu diesem Schluss, weil sie sagen, dass quasi diese Angebote noch nicht das große Potenzial ausschöpfen und insbesondere nicht das Potenzial, was Angebote haben könnten für die Forschung. Es sind mehr Präsentationsangebote, es sind aber weniger tatsächlich maschinenlesbare Angebote, offene Daten, die zur Verfügung gestellt werden und dann tatsächlich auch das Potenzial sich nutzen lässt, insbesondere aus der Forschung.
Warum ist das möglicherweise? Welchen Hintergrund hat das? Es gibt eine Vielzahl von Vorbehalten gegenüber den Vorteilen, die ich kurz aufgezeigt habe. Es gibt auch hier eine Studie, die das alles mal sehr umfangreich aufgearbeitet hat. Das ist eine Studie aus 2016, aber immer noch aktuell. Vielleicht kommt Ihnen das ein oder andere bekannt vor. Aber es gibt nicht nur aus den eigentlichen Projekten heraus eben dann Zwänge, sondern es gibt auch eine ganze Menge Hürden, die man eigentlich überwinden könnte. Also das sind im Grunde genommen sind das Irrtümer oder biases, die man tatsächlich, wenn man sich näher damit befasst – und dem Zweck hat ja der heutige Workshop tatsächlich – das ein oder andere Vorurteil vielleicht auch auszuräumen oder die Möglichkeiten, die sich hier ergeben aufzuzeigen. Am Ende kommt man, muss man sagen, dass eigentlich kein Weg an einer offenen Vermittlung von digitalen Angeboten vorbeiführt.
Einstieg mit Teilnehmerumfrage
Was sich das Verbundprojekt, so habe ich es verstanden, gewünscht hat ist, dass wir heute einerseits über offene Lizenzen ein bisschen sprechen und die Nutzungsrechte, den Wert offener Lizenzen und die Nutzungsrechte und andererseits schauen: Wie lässt sich das auch für eigene Projekte, Teilprojekte umsetzen.
Ich würde Sie ganz gerne, bevor ich jetzt hier einsteige, mal bieten wollen, ich hoffe das Internet spielt mit, mich würde interessieren, wo Sie herkommen? Weil das war tatsächlich eine offene Einladung, es sind nicht nur Verbundprojektpartner da, was ja auch schon sehr divers ist wie Frau Glinka gezeigt hat in ihrer-, nein, du warst das, Monika. Frau Hagedorn aufgezeigt hat, sind die Museen ganz unterschiedlich, die hier mitmachen. Aber wo sind Sie zu verorten?
Geben Sie mal bitte menti.com ein in die Browserzeile. Also wir sehen jetzt hier, das entwickelt sich, Sie haben verschiedene Antwortmöglichkeiten für die Domäne, aus der Sie kommen. Der Großteil kommt aus der Domäne Sonstiges…Einfach um auch zu sehen, weil es ja jedoch unterschiedliche Hintergründe gibt und auch Erfahrungswerte beziehungsweise Zwänge.
Also soweit ich das sehen kann, gibt es viele, die sich hier nicht in den klassischen Kategorien verorten können. Wäre interessant zu wissen, was das ist. Aber es gibt hier einen Schwerpunkt auf Kunst und kunstgeschichtliches Spezialmuseum kann man, glaube ich, sagen. Es gibt aber auch Naturkunde, sogar ein Volks- und Heimatkunde-Museum ist mit dabei. Ich würde Sie auch zu Beginn ganz gerne bitten wollen, dass Sie vorab, also bevor ich meinen Input gebe, mal einschätzen, ob Sie an Ihrer Einrichtung eigentlich OpenAccess oder OpenData-Angebot leben. Ob Sie das schon machen, ob Sie solche Angebote haben, ob Sie eine offene Einrichtung sind.
Es hält sich bis jetzt sehr gut die Waage, so viele sind gar nicht im Raum, sodass wir glaube ich sagen können, dass die Einschätzung- oder Ihrer Einschätzung nach hält sich das die Waage. Ungefähr die Hälfte der hier anwesenden Institutionen, die hier mitgemacht haben sind der Ansicht, eine offene Einrichtung zu haben oder offene digitale Angebote. Die andere Hälfte hat das noch nicht und ist wahrscheinlich deswegen hier auf dem Workshop, um da entsprechende Angebote zu machen.
Agenda des Vortrags
Und zwar habe ich mir überlegt, also den Aufbau, dass wir erst mal klären, worum, wovon sprechen wir überhaupt, wenn wir von OpenGLAM, OpenDelta oder OpenAccess reden. Und dann im nächsten Schritt klären: Was ist die Voraussetzungen dafür von OpenAccess und OpenData? Und wie lässt sich das tatsächlich umsetzen in der Einrichtung? Also wovon sprechen wir? Weil OpenGLAM, OpenAccess, OpenData sind ja doch Begriffe, die auch eine ganz unterschiedliche Umsetzung erfahren. Das sehen wir allein daran, dass so viele unterschiedliche gerade auch der Offenheit gibt.
Begriffsdefinitionen und Grundlagen
Es gibt kein sozusagen festes oder verbindliches Verständnis davon, was eigentlich OpenAccess ist oder was OpenAccess ausmacht. Vielleicht ist das auch gut so, ich zeige das auch gleich auf warum.
Zunächst mal OpenGLAM, das ist im Grunde genommen eigentlich ein Projekt von der Open Knowledge Foundation ausgegangen und in dem es darum geht, freien offenen Zugang zum digitalen Kulturerbe der GLAM-Institution, also der Galleries, Libraries, Archives und Museums zu eröffnen.
Was heißt offener Zugang? Da ist dann die „Open Definition“ der OKF heranzuziehen. Die besagt, dass eben open erst dann open ist, wenn ein Objekt oder dazugehörige Daten der Gestalt offen sind, dass jeder auch dieses Objekt oder die Daten vervielfältigen, weiterverwenden, weiterverarbeiten darf und dass höchstens die Vorbedingung eben gemacht wird, dass der Urheber oder der Bereitsteller zu benennen ist oder dass unter den gleichen Bedingungen auch die Bearbeitung dann weiterhin geteilt wird.
Es ist übrigens auch, wenn Sie hineingucken in die Praxisregeln Digitalisierung der DFG, dann steht das genauso darin. Da wird die Empfehlung ausgesprochen an die Kulturerbeeinrichtungen, dass Daten oder Objekte eben unter maximal CC-BY, ist die Entsprechung dieser Lizenz, oder CC-BY-SA zur Verfügung zu stellen sind und im besten Fall sogar eben als public domain.
Und wenn Sie das Thema OpenGLAM interessiert, dann kann ich auch nur empfehlen – es gibt hier ein Twitter-Account OpenGLAM, der wird betrieben von OKF, also der Open Knowlegde Foundation, Creative Commons und Wikimedia gemeinsam. Das ist ein Account über den unterschiedlichsten Galionsfiguren aus dieser Community – zurzeit ist Douglas, ich weiß gar nicht wie er mit Nachnamen heißt, der war Europaeana, also für die Sammlungen zuständig ist, der diesen Twitter-Account betreut. Und da ist man aktuell immer informiert über die Dinge, die hier passieren und das finde ich wirklich sehr informativ.
Während OpenGLAM eher die Handlungsträger, also die Einrichtungen beschreibt, die sozusagen diese Offenheit leben, ist OpenAccess eine Bewegung die eher beschreibt, worum es geht. Und zwar geht es bei OpenAccess eben darum, das was OpenGLAM auch tun, kostenfreien und öffentlichen Zugang zu ermöglichen. OpenAccess kommt aus der Wissenschaftskommunikation als Bewegung und bezieht sich daher erst mal eigentlich auf wissenschaftliche Kommunikation oder Literatur. Es geht darum, Volltexte lesen, herunterladen, kopieren, verteilen, drucken zu können. Und also in jeder Weise benutzen zu können und auch hier eben maximal unter der Auflage, dass Autorinnen benannt werden beziehungsweise maximal unter der Auflage des „Share Alike“.
Dieses OpenAccess ist im Grunde genommen – ich habe einen ganz tollen Beitrag dazu gerade gelesen – passt auch auf alle Communitys und wird natürlich auch in den OpenGLAM verwendet als Begriff, es ist so eine Art als Begriff boundary object und muss auch flexibel sein, um auf die Communitys quasi angewandt werden zu können.
Die Open Access-Strategie Berlins
Man sieht das im Übrigen auch an der OpenAccess-Strategie Berlins. Die finde ich eine ganz tolle Strategie, weil sie auch die wichtigen Teilbereiche anspricht und zwar nicht nur wissenschaftliche Publikationen, was OpenAccess im engeren Sinne bedeutet, sondern auch ganz speziell auf Forschungsdaten eingeht und auch insbesondere auf kulturelles Erbe. Also kulturelles Erbe ist ein eigener Abschnitt in der OpenAccess-Strategie von Berlin. Die OpenAccess-Strategie in Berlin verlangt eben auch den offenen Zugang und die Nachnutzbarkeit digitaler Angebote aus den Kulturerbeeinrichtungen.
Ein ganz wichtiger Punkt der OpenAccess-Strategie in Berlin ist im Übrigen auch, dass dieser explizit betont, dass das, was einmal gemeinfrei war, auch digital gemeinfrei bleiben soll. Das ist aber was, was die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, einer der Hauptpartner das museum4punkt0-Projekts, zumindest ihr Präsident auch ganz klar unterstützt, also auch Herr Parzinger. Professor Parzinger hat gesagt, was gemeinfrei ist digital gemeinfrei bleiben muss, weil es ansonsten ja auch zu einer Remonopolisierung dieser gemeinfreien Kultur kommen könnte oder würde. Und er ist damit-, im Grunde genommen wiederholt er, was ganz klar auch schon die EU 2011 gesagt hat in einer Empfehlung zur Digitalisierung und Online-Zugänglichkeit kulturellen Materials. Da sagt die EU quasi oder empfiehlt den Mitgliedstaaten dafür Sorge zu tragen, dass gemeinfreie Inhalte auch nach der Digitalisierung gemeinfrei bleiben. Und wenn sie sagt, die Mitgliedstaaten, dann ist das heruntergebrochen auf die Mitgliedstaaten, sind es eigentlich die Museen oder die Kulturerbeeinrichtungen, die dafür Sorge tragen müssen oder können. Warum, das werden wir im Folgenden noch sehen.
Maßnahmen auf europäischer Ebene
Die Europäische Kommission hat auch im Hinblick auf OpenData schon sehr früh Dinge vorangebracht und vorangetrieben. Es gibt eine Mitteilung aus 2011 über offene Daten als Motor für Innovation, Wachstum und transparente Verwaltung und in der Folge gab es viele auch Förder- oder Forschungsprojekte, DSI-Projekte zur Infrastruktur offener, digitaler Daten, open data service infrastructure. Und das sind sozusagen Schlüsselmaßnahmen in Europa, die wiederum auch Grundlage sind für die Richtlinie über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors.
Die Europäische Kommission macht hier keinen Unterschied beziehungsweise in der Dichotomie sind Informationen mehr als Daten. Informationen sind nicht nur Daten, sondern auch die Objekte oder was hier Museen eben unter den Inhalten verstehen. Die sind seit 2013, da wurde die Richtlinie nämlich überarbeitet die sich zunächst nur auf die Daten aus den öffentlichen Einrichtungen bezogen hat (insbesondere der Verwaltung), die sich jetzt aber seit 2013 auch explizit auf die Kulturerbeeinrichtungen bezieht. Auch die sind jetzt in den Anwendungsbereich eingebunden.
Erwägungsgrund 15 RL 2013/37/EU
Umgesetzt ist das Ganze im Informationsweiterverwendungsgesetz in Deutschland schon seit 2016, so dass auch in Deutschland quasi die Maßgabe aus der Public Sector Information-Richtlinie gilt. Und warum ich das so betone, das werden Sie später gleich noch sehen. Es gibt, ich habe hier einen Auszug aus dieser Richtlinie noch mal herausgenommen, um auch zu zeigen, wie in Europa das eben den Mitgliedstaaten empfohlen wird. Und zwar sieht die Kommission insbesondere, dass „Bibliotheken, Museen und Archive im Besitz sehr umfangreicher, wertvoller Informationsbestände [des öffentlichen Sektors]“ sind und dass „diese Sammlungen des kulturellen Erbes und die zugehörigen Metadaten“ ein wunderbares „Ausgangsmaterial für auf diesen Inhalten beruhende Produkte und Dienstleistungen“ sind. Und deswegen, um diese innovative Weiterverwendung ermöglichen zu können, auch entsprechend bereitzustellen sind. Und zwar insbesondere auch, um Unternehmen in die Lage zu versetzen, dessen Potenzial zu nutzen. Das heißt, um auch kommerzielle Nutzungen zu ermöglichen.
Also schon hier lässt sich ablesen, dass der Non Commercial-Vorbehalt also nichts als Chaos bringt und im Grunde genommen auch von der Europäischen Union gewollt ist, dass Kulturerbeeinrichtungen diesen Non Commercial-Vorbehalt eben gerade nicht vorsehen. Sondern es ist auch intendiert, es ist intendiert sogar, Unternehmen zu unterstützen dabei, kommerzielle Angebote basierend auf den Angeboten aus dem Kulturerbeeinrichtungen zu schaffen.
Open Access, Open Data => Open Science!
Das, was die Kulturerbeeinrichtungen hier machen, wenn sie als OpenGLAM OpenData – und das können eigene Daten aus Forschungsprojekten oder Verbundprojekten wie museum4punkt0 sein – zur Verfügung stellen oder eigene Inhalte (auch möglicherweise Publikationen) zur Verfügung stellen, ist Open Science. Kulturerbeeinrichtungen sind auch oder ermöglichen Open Science und können selbst auch Open Science-Einrichtungen sein.
Was sind aber genau, also im Detail die Voraussetzungen, um auch OpenAccess und OpenData zu ermöglichen? Ich denke, die Grundvoraussetzungen dafür, dass OpenAccess und OpenData auch gelebt wird oder tatsächlich auch praktiziert werden kann, ist es einerseits offene Lizenzen zu nutzen und andererseits eben offene Schnittstellen zur Verfügung zu stellen. Denn erst Lizenzen machen aus Daten tatsächlich offene Daten und erlauben anderen damit Dinge zu tun, die, gäbe es keine Lizenz, verboten wären.
Empowerment
Erst mit der Bereitstellung von offenen Daten werden eben auch die Besucher zu aktiven Usern oder partizipieren, können teilhaben und werden von passiven Nutzern zu aktiven Prosumern – also ein Kunstwort, was sich quasi aus Produzent und Konsument zusammensetzt. Dabei muss man aber auch bedenken, dass eben die Bereitstellung oder die Zugänglichkeit von Daten nur der allererste Schritt ist. Damit Daten auch tatsächlich genutzt werden können, verarbeitet und ausgewertet werden können, müssen sie dann auch eben rechtlich frei zur Verfügung gestellt werden – und nicht nur technisch offen, standardisiert und im maschinenlesbaren Format.
Mit diesen dann offen zur Verfügung stehenden Daten können ganz neue eben Dinge passieren oder Unternehmen auch ganz neue Anwendungen kreieren. Diese Daten können neu zusammengemixt werden, sie können annotiert werden. Sie sind auch eben Grundlage dafür, dass jetzt in den Geisteswissenschaften neben die-, da ist eine Doppelung darin [d.h. auf der Präsentationsfolie] das ist ein Fehler-, neben die qualitativen Methoden, die quantitativen Methoden treten. Also dass Text und Data Mining oder Visualisierung, das geht alles erst oder nur, wenn eben die Daten in entsprechenden Formaten über offene Schnittstellen in entsprechender Qualität zur Verfügung stehen und vor allem auch mit offenen Lizenzen versehen werden. Wenn dann nicht nur die Daten zugänglich gemacht werden, sondern auch die Inhalte, dann bietet das ganz neue Optionen für die Forschung, aber auch für die Unternehmen im Hinblick auf Angebote. Auch Vernetzung eben, dass Objekte auch zum globalen Erkenntnisgegenstand werden können, funktioniert über diese Schnittstellen [sowie] Interdisziplinarität und Kollaboration.
Open Data 5 Star Modell nach Tim Berners-Lee
Wie gesagt, also der allerallererste Schritt ist überhaupt ein Angebot zu machen. Man kann das sehr schön an dem Fünf-Sterne-Modell von Tim Berners-Lee eigentlich auch schon ablesen – dem Vater des Internet sozusagen. Der allererste Schritt ist, Daten überhaupt zur Verfügung zu stellen. Aber nützlich werden sie erst dann, wenn diese weiteren Voraussetzungen gegeben sind: Also nicht nur-, Daten im Web sind eigentlich erstmal noch nutzlos. Die allererste Vorbedingung dafür, dass Daten im Web irgendeinen Zweck erfüllen, ist die offene Lizenz. Dann haben Sie einen von fünf Sterne schon bekommen, wenn Sie Daten im Web mit offenen Lizenzen bereitstellen. Aber dafür sind eben weitere Voraussetzungen notwendig. Daten im Web müssen nach nutzbar sein und zwar möglichst im offenen Format unter Verwendung von IDs und als Linked Data. Also nicht nur die technischen Voraussetzungen müssen geschaffen werden für die Nutzbarkeit, sondern insbesondere auch – und das ist die allererste Vorbedingung für die Nutzbarkeit von Daten und Angeboten – die rechtliche Nutzbarkeit.
Urheberrecht
Weil ansonsten, und da will ich eigentlich nur ganz kurz drüber springen, das Urheberrecht gilt und Daten immer dann, wenn sie urheberrechtlich geschützt sind beziehungsweise Inhalt von einer Erlaubnis im Hinblick auf die Nutzung des Rechte- oder der Rechteinhaber abhängig sind. Und das gilt für die Institutionen, die Daten nutzen wollen einerseits, aber auch andererseits im Hinblick auf die Nutzbarkeit von Daten, die Institutionen zur Verfügung stellen, für die Nutzer, die diese Daten dann nutzen wollen.
Wenn es solche Lizenzen nicht gibt, dann sind die Angebote im Grunde genommen nichts weiter, als was in der Studie des Dariah-Papers im Grunde genommen herausgestellt worden ist: Es sind tolle Angebote. Es sind aber Präsentations- / Vermittlungsangebote. Es dient mehr der Repräsentation, der Vermittlung, aber es ist nicht so, dass diese Angebote tatsächlich auch in der Forschung einen Wert haben und genutzt werden können beziehungsweise auch tatsächlich auf diesen Angeboten aufgebaut werden kann und neue Erkenntnisse gewonnen werden können. Beziehungsweise auch Kooperationen eingegangen werden können unter Projektpartnern, die dann gemeinsam an innovativen, neuen Ideen zusammenarbeiten.
Urheberrecht – das Wichtigste in Kürze
Natürlich können Inhalte und Daten geschützt sein. Da müssen Sie unterscheiden, den Werkschutz und dem Leistungsschutz. Ich gehe deswegen hier kurz darauf ein, weil das ein ganz wesentlicher Punkt ist bei der Bereitstellung, bei der offenen Bereitstellung von Inhalten eben zu wissen, dass Sie als Kulturerbeeinrichtungen, wenn Sie digitalisieren, einerseits Rechte beachten müssen möglicherweise an der Vorlage und dann schon der Schritt der Digitalisierung nicht ohne weiteres, also nicht ohne Erlaubnis möglich ist.
Dass Sie aber andererseits, wenn Sie im Hinblick auf die Inhalte, an denen eben keine Rechte mehr bestehen, die urheberrechtlich nicht mehr geschützt sind, die also ohne weiteres digitalisiert werden können, das dann bei der Digitalisierung bei Ihnen selbst, bei Ihrer Institution Rechte entstehen können.
Diese zwei Fallgruppen haben natürlich auch Auswirkungen auf die Vermittlung und Präsentation. Ja, wenn Sie das Szenario nehmen oder den ersten Fall, Sie wollen etwas zur Verfügung stellen und in Ihre Sammlung einbinden, dann setzt das voraus, dass Sie die Erlaubnis des oder der Urheberin oder Rechteinhabers bekommen. Und deswegen dauert auch Digitalisierung. [Es] ist ein fortlaufender Prozess, geht nicht schnell, sondern einigermaßen langsam und innovative, digitale Angebote aus und in Kulturerbeeinrichtungen bremst das Ganze auch ein bisschen aus. Sie sind angewiesen-, gerade Massendigitalisierung funktioniert überhaupt nicht und Rechteklärung ist einfach ein aufwändiger Prozess. Viele, viele Vermittlungsangebote funktionieren, wenn die eigentlich sinnvoll und wünschenswert wären schon deswegen nicht, weil Sie erst die entsprechenden Rechte einholen müssen.
Dramatisch ist das wirklich, wenn es um den allerersten Schritt der Vermittlung geht. Wenn Museen, die auf eine Visualisierung Ihrer Bestände angewiesen sind, diese Bestände schon gar nicht visuell zeigen könnten. Schon nicht in der Deutschen Digitalen Bibliothek oder anderen Kulturbetriebsportalen zeigen können, ohne dass Sie entsprechende Rechte eingeholt haben und deswegen möglicherweise solche Platzhalter oder keine digitalen Inhalte zu sehen sind. Weil anders als bei anderen Kulturerbeeinrichtungen gerade die Museen die Beschreibung der Inhalte ja nicht ausreicht, um tatsächlich den Nutzern, einen Eindruck davon zu vermitteln beziehungsweise in unserer heutigen vom Bild lebenden Gesellschaft überhaupt nicht mehr ausreichend ist.
DDB/SPK ./. VG Bild-Kunst e.V.
Die Deutsche Digitale Bibliothek, da will ich aber jetzt gar nicht darauf eingehen. Und die Kollegen sitzt auch hier, vielleicht ergibt sich dann nachher in der Diskussion die Möglichkeit, der Wunsch kam aus dem Museumsprojekt, dann nochmal über das Urteil zu sprechen, hat die Idee oder verfolgt auch weiterhin die Idee für ihre Partner zu ermöglichen, Inhalte über die Deutsche Digitale Bibliothek zu zeigen und hat deswegen mit der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst eben für die Werke der-, Entschuldigung, der Kunst eben eine Lösung zu finden, aber die Verhandlungen laufen noch immer. Es gab auch hier ein Verfahren, in dem jetzt die Deutsche Digitale Bibliothek auch gesiegt hat, aber noch immer gibt es trotzdem eben diesen Rahmenvertrag nicht von dem alle Kooperationspartner der Deutschen Digitalen Bibliothek profitieren sollen und eben die Werke zeigen sollen können, deren Rechteinhaber die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst vertritt.
Deswegen kommt quasi immer wieder aus dem Kulturbereich der Aufruf an Rechteverwerter oder Rechteinhaber: „Gebt doch endlich die Bilder frei.“ Im Grunde genommen profitieren ja auch die Urheberinnen oder Künstlerinnen ganz enorm davon, dass ihre Werke im kulturellen Gedächtnis sichtbar bleiben und im gelebten Gedächtnis auch sichtbar bleiben, aber Kulturerbeeinrichtungen, die bilateral diese komplexe und schwierige Rechtslage klären müssen, schaffen es eben nicht auf der Basis von eben Abstimmungen mit Rechteinhaber jetzt zu einer Lösung zu kommen.
Zu hoffen bleibt, dass bei der Deutschen Digitalen Bibliothek dann der Vertrag mit der VG Bild-Kunst irgendwann in Kraft treten wird, aber die Kulturerbeeinrichtungen fordern darüber hinaus tatsächlich eine Katalogbildschranke. Sie wollen eben, ohne dass diese schwierigen Abstimmungsprozesse – was darf ich, was darf ich nicht – zumindest die Visualisierung erlaubt ist, ohne Wenn und Aber und ohne hier aufwendig Rechte einbüßen müssen, die sie ja auch immer neu lizensieren müssen, die ja quasi zeitlich beschränkt eingeräumt werden, räumlich beschränkt wie auch immer. Die inhaltlich beschränkt eben eingeräumt werden. Museen wollen ja eine global zumindest zeigen, was sie überhaupt für Schätze in den Häusern verwahren.
Anders stellt sich die Situation dar, da sind dann Kulturerbeeinrichtungen nicht die Opfer, sondern sie können quasi tatsächlich agieren proaktiv und können als Rechteinhaberinnen genau das tun, was sie von den Rechteinhabern auf der anderen Seite verlangen, denn sie können ihre Angebote offen und frei nutzbar zur Verfügung stellen. Das gilt immer dann, wenn eben gemeinfreie Werke digitalisiert werden. Da ist bad practice dieses Gemälde von Caesar Willich, das hängt im Reiss-Engelhorn-Museum, ist ein Porträt von Wagner, ist lange, lange schon gemeinfrei, also tatsächlich urheberrechtlich nicht mehr geschützt, aber die Reiss-Engelhorn-Museen blockieren die freie Vermittlung dadurch, dass sie im Grunde genommen Rechte, die sie behaupten an dem digitalen Abbild auch durchsetzen und zum Beispiel verboten haben, dass diese Bilder über die Wikimedia Commons verfügbar sind, die Abbilder von diesem Porträt, oder aber auch über andere Portale gezeigt werden können.
Lustigerweise haben sie jetzt gerade in ihrem Instagram-Account dazu aufgefordert, Bilder zu machen im Museum und auch zu posten und zu teilen, obwohl man eigentlich, wenn man die Urteile aufmerksam liest, ja davon ausgegangen war, dass das Reiss-Engelhorn-Museum auf dem Standpunkt steht, dass diese Bilder eben gerade nicht frei verwendet werden dürfen und auch nicht selbst angefertigt werden dürfen im Museum und diese Rechte auch entsprechend durchgesetzt hat. Also es läuft hier zurzeit ein Musterverfahren beim Bundesgerichtshof. Das Urteil wird im Oktober [2018], meine ich, erwartet und vielleicht gibt es dann Rechtsklarheit im Hinblick darauf, ob tatsächlich bei der Digitalisierung überhaupt Rechte entstehen, die Museen Geld machen können. Also bei der Digitalisierung von gemeinfreien Werken.
Die Rechtslage ist zurzeit so, dass man sagen muss, es entstehen Rechte immer dann, wenn ein intellektuelles Moment dazu kommt oder ein geistiges Moment dazu kommt. Das hat dann noch keine Werksqualität. Es entsteht hier kein Werkschutz, aber immerhin entsteht ein Leistungsschutz und der gilt auch bis 50 Jahre nach Erscheinen des digitalen Abbilds. Und in dieser Zeit können diese Inhalte zumindest dann, wenn die Museen nicht selbst aktiv werden als Rechteinhaber und eben freie Nutzung ermöglichen, nicht frei genutzt werden. Ich selbst bin übrigens der Auffassung, dass keine Rechte entstehen bei der originalgetreuen Reproduktion von Originalwerken.
Also ich kann das absolut nachvollziehen, wenn man sagt hier, ich weiß nicht, ob Sie schon einmal im Louvre waren und diese Situation selbst miterlebt haben: Man kommt an die Mona Lisa ja gar nicht heran abgesehen davon, dass die hinter dickem Panzerglas ist hier noch mal so eine Barriere von, ich glaube, eineinhalb oder zwei Metern Abstand und selbst um da in die Nähe einigermaßen kommen zu können, muss man sich ja hier durch diese Masse an Besuchern erst mal schlagen und selbst wenn das hier nur ein einfaches Knips-Bild ist, wo der Fotograf quasi aus seiner Hosentasche sein Smartphone gezogen hat und gedacht hat: „Oh cool, das muss ich abbilden.“ Dann hat er doch eben diese Situation erkannt oder diese situative Darstellung ist tatsächlich geschützt. Also als Abbildung, als Bild und deswegen habe ich hier auch, ich habe es genutzt und habe hier auch die entsprechende Lizenz für die Nutzung angegeben. [Anm. d. Red.: Abbildung in der Webversion der Präsentation nicht vorhanden]
Aber wenn es tatsächlich um eine Reproduktion geht, wenn es also darum geht, etwas eins zu eins so originalgetreu wie möglich abzubilden, dann denke ich entstehen dabei keine Rechte, selbst wenn es aufwendig sein mag. Also bekundet wird es ja in der Rechtsprechung damit, dass tatsächlich bei der Reprografie oder bei der reprografischen Digitalisierung aufwändige Prozesse notwendig sind, die eben dieses geistige Element auch in sich tragen und deswegen entstehen Rechte. Aber ich denke, das muss man unabhängig vom Aufwand betrachten bei der Erstellung.
Kopien sind Kopien, bleiben Kopien und genießen keinen eigenen Rechtsschutz meiner Ansicht nach. Man würde ja auch nicht sagen, das hier, dass das passiert vielfach, aber mit Erlaubnis der Museen, dass tatsächlich solche Originale nachgebildet werden. Aber auch die sind Kopien. Die sind-, lustigerweise sind sie dann geschützt, wenn sie tatsächlich-, da gab es doch mal so ein Künstler, also ein Musterfälscher, der mir gerade einfällt, dieser Beltracchi. Also der hat tatsächlich Werke erschaffen, weil er hat sich ja nur die Art zu eigen gemacht, aber er hat eigene Bilder gemalt.
Also je weniger das ans Original heran kommt, desto mehr Schutz. Aber deswegen meine ich eben auch, dass originalgetreue Bilder, Abbildungen im Grunde genommen keinen Schutz verdienen. Mal sehen, was der BGH dazu sagt. Gegenwärtig sind es tatsächlich die Museen, die entscheiden. Ja.
Wir entscheiden!
Und diese Situation, dass sie entscheiden, ist eben die Frage, wie sie damit umgehen, ob sie dann tatsächlich sozusagen sich als Bewahrer mehr betrachten oder Torhüter oder sie wollen tatsächlich jede Form der Kommunikation auch kontrollieren. Aber diese Kontrolle – dazu dient ja im Grunde genommen gar nicht das Urheberrecht. Diesen Zweck hat das Urheberrecht gar nicht, das ja ein Anreiz sein soll für Neuschaffung, für Innovation. Es dient aber nicht der Kontrolle der Kommunikation. Wer macht was mit meinem Inhalt oder nutzt ihn in welchem Zusammenhang? Dafür gibt es andere Möglichkeiten, wenn entstellend oder wie auch immer genutzt wird. Aber nicht über das Urheberrecht. Das ist kein Kontrollinstrument oder sollte kein Kontrollinstrument sein.
Das Porträt ist immer noch in der Wikimedia zu finden, aber eben aus diesem aktuellen Anlass mit einem Warnhinweis zu dieser Rechtssituation und zu dem Musterprozess. Auch hier gab es oder gibt es einen Aufruf verschiedener Kulturerbeeinrichtungen, diesmal in die eigene Community hinein: „Gebt endlich die Bilder frei.“ Also im Grunde genommen genau derselbe Aufruf wie gegen die Urheber, gegen die Kulturerbeeinrichtungen, die derart agieren, dass sie quasi eigene Rechte zur Kontrolle nutzen im Hinblick auf Nutzung und damit aber verhindern, dass tatsächlich das, was an Potenzialen das Internet und digitale Angebote mit sich bringt, wenn sie in offener Form zur Verfügung gestellt werden, behindern.
Kulturerbeeinrichtungen können die digitale Wissensallmende bereichern
Kulturerbeeinrichtungen können die digitale Wissensallmende bereichern, auch dazu gibt es ein Instrument. Seinen Anker hat das sozusagen im Urheberrechtsgesetz. Das ist der sogenannte Linux-Paragraf. Den hat man damals geschaffen, um diese Open Source-Lizenzen, zu denen auch Herr Jaeger dann gleich noch was sagen wird, überhaupt erst möglich zu machen. Im Urheberrecht gilt der Grundsatz, dass Urheberinnen an ihren Werken angemessen zu beteiligen sind und über diese Hürde musste man erst mal kommen. Deswegen hat man die Möglichkeit geschaffen, für Rechteinhaberinnen auch von Vorhinein auf diesen Anspruch der angemessenen Vergütung zu verzichten und jedem einfache Nutzungsrechte einzuräumen, unentgeltlich.
Best Practice Beispiele für Museen & Open Access / Open Data
Es gibt eine Menge Kulturerbeeinrichtungen, die tatsächlich das machen, die hier entsprechend auch der Empfehlungen der Europäischen Kommission, der unterschiedlichen Strategien, der Anforderungen aus der Wissenschaft, best practice leben im Hinblick auf OpenAccess und auch OpenData. Über das Metropolitan Museum bis hin zur British Library. Aber auch in Deutschland das Museum, was immer wieder genannt wird – [das Museum] für Kunst und Gewerbe aus Hamburg.
Wenn Sie interessiert wer da noch dabei ist, dann schauen Sie gerne in der Liste, die im Internet-, die habe ich hier verlinkt. Es sind über 320 gegenwärtig in dieser Liste aufgeführt, die als offene, als OpenGLAM tatsächlich digitale Angebote machen. Das ist eine offene Liste auch Google-Doc, wo jeder, der meint, selbst seinen Institutionen hierzu verorten, auch eintragen kann. Über 320 Institutionen sind hier zurzeit eingetragen.
Gerade aktuell ist das Birmingham Museum Trust, also eine Sammlung unterschiedlicher Museen auch als OpenGLAM mit seinen Angeboten auch Inhalten, alle als Public Domain ausgewiesen auch in ausreichender Qualität für die Forschung, also in hoher Qualität über offene Schnittstellen, online gegangen. Interessant ist, was die Verantwortliche aus dem Birmingham Museum dazu gepostet hat – also wie sie erläutert hat, warum sie diese Strategien jetzt verfolgen. Sie zählt also viele der Vorteile auf, die das eben mit sich bringt, wie ich eingangs auch erwähnt habe: Reichweite, Traffic und neue Möglichkeiten, Kollaboration und so weiter. Aber sie sagt insbesondere: dieser Schritt ist auch notwendig oder unterstützt die Anforderungen der Public Sector Information-Richtlinie. Ich hebe das deswegen hervor, weil das ist auch meine Interpretation und die Interpretation von vielen Kollegen, dass die Public Sector Information-Richtlinie – die Umsetzung des Informationsweiterverwendunggesetz – im Grunde genommen den Kulturerbeeinrichtungen tatsächlich aufgibt, offene Angebote zur Verfügung zu stellen. Das heißt, nicht nur zu präsentieren, nicht nur das zu nutzen, eben um für Marketing, Vermittlung und so weiter oder auch tolle innovative, aber immer kuratierte und den Nutzer sozusagen als passiven Nutzer im Blick habende Angebote. Sondern eben auch um den Nutzer zu einem aktiven Prosumer zu machen und auch um Unternehmen tatsächlich in die Lage zu versetzen, diese Angebote kommerziell zu nutzen.
Weil oft gibt es ja den Vorbehalt: „Ja, aber wir sind ja öffentliche Einrichtungen. Wir sind öffentlich finanzierte Einrichtungen. Hier werden öffentliche Gelder genutzt für die Digitalisierung und dann kann es nicht sein, dass quasi Verluste privatisiert werden, aber Gewinne sozu-.“ Entschuldigung andersherum: „Dass Gewinne privatisiert werden, aber Verluste sozusagen dann der Öffentlichkeit aufgebürdet werden.“ Aber das ist genau die Intention tatsächlich der Weiterverwendung, weil man geht davon aus, dass der Mehrwert auch für die Öffentlichkeit enorm ist, wenn Unternehmen hier auf der Basis dieser Angebote innovative neuer Entwicklungen erschaffen und Mehrwertdienste entwickeln und dass das einen enormen Push sozusagen für die Informationsgesellschaft bedeutet.
Gemeinsamkeiten aller Lizenzmodelle
Zu den Lizenzmodellen, denke ich, werden wir im Workshop noch kommen. Ich will diese auch gar nicht im Detail besprechen. Lizenzmodelle ermöglichen das erst. Einer der Mitbegründer des ifrOSS [Institut für Rechtsfragen der Freien und Open Source Software] ist ja heute hier mit dabei, Till Jaeger. Vor 18 Jahren, hast du gesagt, ist das ifrOSS tatsächlich entstanden. Man kann auch sagen, dass [man über das] ifrOSS eigentlich eine tolle Übersicht finden [kann] über alle Lizenzmodelle, die es so gibt, für die unterschiedlichen Anwendungen, die Sie in Museen entwickeln. Seien das Publikationen, ist es Software, sind das digitale Abbilder. Es ist ja eine Vielzahl von Inhalten, die bei Ihnen entstehen oder die Sie selbst erschaffen, Fotografien.
Übersicht Lizenzmodelle
Für jeden Inhalt gibt es unterschiedliche Lizenzmodelle, auch offene Lizenzmodelle. Für die Forschungsdaten zum Beispiel die Open Content-Lizenzen oder für die Objekte, für die Inhalte und ansonsten für Daten und Datenbankwerke gibt es auch eigene Lizenzmodelle in Deutschland. Weltweit dominierend ist das Creative Commons-Lizenzmodell, was Ihnen wahrscheinlich auch allen ein Begriff ist, mit dem Inhalte und neuerdings auch tatsächlich Daten, Datenbanken lizenziert werden können seit Version 4.0.
Es gibt daneben noch speziell für Datenbanken ein Lizenzmodell. Das sind die OpenData Commons. Es gibt speziell für Texte noch die Digital Peer Publishing Licenses, das war aber Till Kreutzer, der das mitentwickelt hat. [Anm. d. Red.: Blickt auf Till Jaeger im Publikum] Warst auch du? Ahja, okay, also hier auch – der Urheber kann da vielleicht, wenn Sie Fragen haben in den Workshops, was zu sagen. Die haben einfach einen unterschiedlichen Anwendungsbereich.
Wenn Sie lizenzieren wollen, müssen gucken: Um welchen Gegenstand geht es? Was ist hier passend? Welche Nutzungsformen will ich möglichen? Die ODC haben einfach den Vorteil, dass Sie insbesondere eben die digitalen Nutzungen in den Blick nehmen, aber die analogen gar nicht mit lizensieren, so dass Sie quasi hier, was den Vertrieb, den körperlichen, angeht immer noch im Besitz der ausschließlichen Rechte sind und diese selbst vermarkten können.
Creative Commons
Creative Commons passt überall. Creative Commons passt überall seit 4.0. Das ist ein einfaches Baukastensystem. Es setzt sich hier aus diesen vier Bedingungen zusammen. BY gehört bei allen Versionen mit dazu, also die Notwendigkeit der Attributierung. Aber wenn man das kombiniert, kommt man zu insgesamt sechs unterschiedlichen Lizenztypen, die unterschiedlich frei sind. Und wir können heute nicht die Creative Commons-Lizenzen im einzelnen Gesprächen, aber eins ist mir wichtig zu betonen, dass die freie Nutzung oder Open Access, Open Data, wie Sie gesehen haben eingangs im Grunde genommen nur der Block hier oben ist. Alles, was hier kommt ist, nicht mehr Open Access, OpenData – also [die Formen] Non Commercial, Non Derivative ist einfach nicht mehr-, damit lässt sich das Potenzial digitaler Vernetztermedien von Linked Open Data nicht mehr geben.
Ich habe für Sie das nochmal zusammengefasst – diese Folie deswegen. Ich habe einen Preprint mitgebracht, das können Sie sich gerne nehmen. Das habe ich hier vorne ausgelegt, wenn Sie interessiert daran sind, wie das mit den Creative Commons funktioniert. Daneben gibt es ja noch die Right Statements – eine ganz neue Initiative unterschiedlicher Partner: Die Europaeana, Digital Public Library und Creative Commons und andere, die eben Rights Statements erarbeitet haben für Inhalte, die sie gar nicht lizenzieren können, weil sie keine Rechte daran haben, aber trotzdem aus anderen Gründen präsentieren dürfen. Wenn sie dann Nutzern sagen wollen, wie verhält sich hier die Situation, also wie ist die Rechtslage, wie sind die Möglichkeiten der Nachnutzung, dann ist das ein ganz tolles Modell. Und wie es funktioniert, dazu habe ich Ihnen mal ein Preprint mitgebracht. Das ist im Erscheinen bei der Deutschen Nationalbibliothek, aber Sie können sich das jetzt schon mitnehmen. Ich muss es heute dann auch nicht weiter erklären.
Digital Peer Publishing Licenses
Die Digital Peer Publishing Licenses muss ich im Einzelnen auch nicht erklären. Das sind drei Module – auch sehr einfach – hauptsächlich eben für nur digitale Nutzung. [Das] ist auch interessant, wenn Sie eben die körperlichen Nutzungen, tatsächlich die Verwertung darüber, bei sich behalten wollen. Dann gibt es noch die ODC speziell für Datenbanken – zum Beispiel Street Map baut darauf auf oder andere. Weil lange Zeit Creative Commons sich dagegen verwehrt hatte, auch Datenbanken mit zu lizensieren. Die hatten etwas gegen dieses Leistungsschutzrecht und wollten das gar nicht umgesetzt wissen, ließ sich aber nicht verhindern. Recht war da und dann musste auch Creative Commons nachziehen [und] hat es in der Version 4.0 getan.
Zusammenfassung – Lizenzempfehlung
Abschließend, praktisch für Sie, wie machen Sie, wie ermöglichen sie Open Access und Open Data? Indem Sie zunächst einmal natürlich die Rechtslage klären. Bin ich überhaupt Rechteinhaber? Kann ich lizensieren? Sich dann die entsprechend passende Lizenz aussuchen. Das ist abhängig vom Gegenstand, den Sinn wir wollen, aber auch abhängig vom Zweck, den Sie damit erreichen wollen. Wenn Sie tatsächlich Open Access, Open Data, Linked Open Data und Wissenschaft ermöglichen wollen, dann im Hinblick auf Creative Commons oder andere Lizenztypen [ist] maximale Attributierung [zu empfehlen].
Im besten Fall immer dafür Sorge tragen, dass gemeinfreies gemein frei bleibt und Public Domain ermöglichen. Dann müssen Sie den Lizenzhinweis gegebenenfalls anbringen als Nutzerin, aber auch als Bereitstellerin, damit auch der Nutzer weiß, unter welcher Lizenz Sie genutzt haben und wie er tatsächlich nutzen darf. Und dann einfach online stellen. Und warum? Weil freie Inhalte wie Werkzeuge in einen Werkzeugkasten sind und für alle möglichen Nutzungen eben auch genutzt werden können und ich glaube an der Stelle mache ich mal Schluss, da passt das auch noch so einigermaßen zeitlich und ich weiß nicht, haben wir direkt noch Fragen oder macht Till-?
Diskussion
Vertreter von museum4punkt0: Genau, ich würde mal sagen, es war jetzt so viel Inhalt, dass wir vor dem nächsten Vortrag vielleicht doch kurz die Gelegenheit für Fragen geben.
Publikum: Ich habe eine Frage zu diesem Fall von Richard Wagner. Weil da ist ja die Frage: Als Museum müsste ich da ja eigentlich eine Auszeichnung vornehmen. Es war ja Public Domain und ich als Nutzer denke mir ja nichts Böses dabei. Okay, ich fotografiere das jetzt und poste das auf Facebook. Ich meine, die Debatte gab es sowieso schon, dass man Monumente nicht mehr posten kann und so. Theoretisch müsste ich ja eigentlich in den Besucherhinwiesen einen Hinweis hineinschreiben – oder in die Besucherordnung: „Ja, alle Fotos, die Sie jetzt im Rahmen des Museums erstellen, dürfen halt da und da nicht online zur Verfügung gestellt werden.“
Ellen Euler: Das wird auch praktiziert. Frank von Hagel, du kannst vielleicht was dazu sagen?
Frank von Hagel: In dem Fall ist es jetzt ganz spannend, weil das betraf ja nicht nur das eine Gemälde von Wagner, sondern [Rest unverständlich]. Zum Teil waren die [vom Nutzer hochgeladenen] Sachen aus Katalogen gescannt. Da waren die einfach herausgescannt aus dem Katalog, die Gemälde. Und zum anderen waren Sachen in der Ausstellung fotografiert, aber es gab keine Fotografie-Erlaubnis.
Ellen Euler: Wobei das auch widersprüchlich ist, wenn das Museum selbst auf der einen Seite sagt: „Macht bitte Bilder und teilt die über meinen Instagram-Account.“ Also diese Nutzungen sind erwünscht, aber man will und man nutzt das Urheberrecht hier als Kontrollinstrument und das ist es eigentlich einfach nicht. Dazu dient es nicht.
Frank von Hagel: Ich meine, das ist ja eine andere Situation, wenn ich jetzt zum Beispiel eine Aktion starte, wie Wikipedia Loves Monuments oder Wikipedia Loves Museums, wie das in Großbritannien häufiger schon passiert ist. Wo man eine Aktion startet und Museen sich öffnen und sagen: „Jetzt fotografiert und benutzt es für Wikipedia.“ Aber es muss ja nicht sein, dass das grundsätzlich der Fall ist.
Ellen Euler: Vielleicht möchtest du, Till?
Till Jaeger: Ja, vielleicht sind nicht alle so in den rechtlichen Tiefen drin, damit man das versteht, was da eigentlich dahintersteckt. Es sind zwei unterschiedliche Fälle, ob ich jetzt was aus dem Katalog herausscanne oder ein eigenes Foto mache. Also der erste Fall ist tatsächlich eine urheberrechtliche Frage, weil das Museum eine sogenannte Reprofotografie eines Bildes gemacht hat. Die juristische Frage ist, ob diese Reprofotografie ein eigenes Urheberrecht, ein sogenanntes Leistungsschutzrecht für Lichtbilder erzeugt oder nicht und das ist ein Grenzfall. Weil, wenn Sie was auf dem Kopierer legen oder auf den Scanner, entsteht so ein Recht nach allgemeiner Auffassung nicht. Wenn Sie aber eine Kamera hinhalten schon. Das ist eine Besonderheit auch im deutschen Recht, dass wir halt jetzt jedes Knipsbild urheberrechtlich schützen. Die Frage ist bei dieser Reprofotografie, wo fällt das jetzt hin? Habe ich jetzt an meinem eigenen Foto ein Recht oder nicht? Und kann dementsprechend dann auch vielleicht eine Nachnutzung, wie bei der Wikipedia, verbieten. Das Fotografieren, das eigene Fotografieren, da habe ich ja mein eigenes Bild gemacht. Da könnte man sich fragen, kann ich das überhaupt-, warum sollte es da überhaupt eine Beschränkung geben? Wenn ich etwas Gemeinfreies fotografiere? Und da stellt sich die Frage, ob das Eigentum des Museums an dem Bild die rechtliche Wirkung hat, dass ich auch Fotos von meinem Eigentum verbieten kann. Das ist jetzt eigentlich eine ziemlich verrückte Vorstellung, die dadurch aufgekommen ist, dass die berühmte Entscheidung Preußischer Schlössern und Gärten, der Immobiliensenat, das BGH entschieden hat, dass das Eigentumsrecht auch bis auf die Fotos vom Eigentum durchgeht, ohne, glaube ich, alle Folgen richtig zu bedenken. Wir haben zahlreiche Rechtsprechungen, wo die Gerichte sagen: „Oh Gott, oh Gott, das geht ja eigentlich gar nicht.“ Wenn ich zum Beispiel bei der Bahn Graffiti fotografiere oder ein Film mache und auf einmal heißt es, man mag das nicht, irgendwie Eigentumsrecht an einer Brücke oder so. Da kommt man in ganz irre Sachen, die wollen wir hier jetzt auch gar nicht klären, nur, dass Sie vielleicht den Unterschied zwischen Eigentumsrecht und Urheberrecht und den Streitpunkten, die darin sind. Das ist alles aus meiner Sicht noch nicht abschließend geklärt.
Ellen: Wobei eben relevant ist, glaube ich, was Sie vor allem verinnerlichen müssen, dass Sie in dem Moment, wo Sie eigene Aufnahmen anfertigen in hoher Qualität durchaus eben jetzt in der Situation sind, wenn diese Rechte-, was ja zur Zeit nach Rechtsprechung tun, eben Bestehen, diese Rechte auch der Allgemeinheit einzuräumen. Und damit die digitale Allmende zu bereichern. Und Sie können natürlich Fotografien auch erlauben, vor allem macht das dann Sinn, gerade die Reiss-Engelhorn-Museen machen es ja im Grunde genommen durch ihren Aufruf, Bilder aus den Museen auf Instagram zu teilen. Aber jetzt haben Sie eine absurde Situation: weil Sie einerseits Ihre eigene hochwertige Aufnahme, also hohe Qualität, die Sie ja eigentlich dann auch gefunden haben wollen im Internet, die machen Sie nicht nutzbar. Da sagen Sie: „Da wollen wir selbst entscheiden, wo das zu finden ist. Wie das zu finden ist und so weiter.“ Und deswegen wird es bei Google oder anderen Suchmaschinen dann auch nicht der erste Treffer sein. Auf der anderen Seite entstehen, wenn Fotografien im Museum erlaubt werden, eine Vielzahl von schlechten Aufnahmen, schlechter Qualität, was einerseits die Farben angeht, andererseits die Auflösung und so weiter. Und je freier diese Bilder von Nutzern im Internet geteilt werden, möglicherweise über Wikimedia, desto besser sind die auffindbar. Also besser auffindbar als das eigene Angebot. Und genau deswegen machen viele Museen eigene Angebote in sehr hoher Qualität sehr frei verfügbar, weil sie wollen, dass diese Originale gefunden und benutzt werden und nicht irgendwelche schlechten Abbildungen, die zufällig irgendwo ins Internet gekommen sind.
Vertreter von museum4punkt0: Es wird noch Gelegenheit sein, da weiter in die Tiefe zu gehen. Und in Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit, würde ich sagen, wir setzen das jetzt fort mit dem Referat von Herrn Doktor Jaeger.
Ellen Euler: Dann vielen Dank.
Publikum: Ja, vielen Dank. (Applaus)
Zugehörige Materialien
- Präsentation zum Vortrag zum Downloaden (PDF-Dokument; 3,02 MB; nicht barrierefrei)
- Rechtsklarheit für (Bilder-) User: Creative Commons Lizenzen & International Rights Statements, in: „Lizenzangaben und Rechtedokumentationen im Dialog – Datenflüsse nachhaltig gestalten“
- Klaffki/Schmunck/Stäcker, Dariah Working Paper Nr. 26 S. 13 f.
- Kapsalis. 2016. The Impact ofOpen Access on Galleries, Libraries, Museums, & Archives. Copyright Cortex
Einführung in die Open Source Lizenzierung – Vortrag von Till Jaeger zum Nachhören
Transkription des gesprochenen Vortrags
Einführung in die Open Source Lizenzierung
Dr. Till Jaeger: Wir kommen jetzt zum Thema Open Source Software und deren Lizenzierung. Das ist ja eigentlich eine ältere Bewegung, Inhalte frei rauszugeben. Das gibt es schon seit den achtziger Jahren und war auch das Vorbild für Open Data, Open Access, Open Content. Software ist immer ein bisschen anders als andere Werke. Das werden Sie auch sehen. Aber viele der Gedanken und der Ideen sind letztlich auch bei Open Data und Open Access eingeflossen.
Dennoch, das Zentrale hier meines Vortrags, sind die urheberrechtlichen Sachen. Ich erlaube mir einen kurzen Blick auf das Software-Urheberrecht und deren Besonderheiten. Um dann kurz die Begriffe zu erklären und dann das Lizenzmodell. Ich glaube immer, dass man, wenn man diese Grundlagen verstanden hat. Eigentlich sich alles andere relativ gut ableiten kann. Beziehungsweise, wenn man diese Grundlagen nicht kennt, dann wirkt das so ein bisschen Blackbox-mäßig und kompliziert. Im Prinzip sind ja Open Source Lizenzen einfacher als herkömmliche Lizenzen. Weil es Musterlizenzen sind. Nun, wenn Sie die Wichtigsten einmal verstanden haben, dann müssen Sie nicht immer wieder lesen, sondern wissen sofort, aha, das ist damit gefordert. Wenn Sie sonst herkömmliche Softwarelizenzen lesen. Ich sage mal, Lizenzjuristen kommen auf sehr merkwürdige Ideen. Das ist kein leichter Lesestoff. Also ich glaube, dass es durchaus auch eine Einfachheit in sich trägt. Die Komplexität, die es gibt, liegt daran, eigentlich aus der historischen Entwicklung. Früher hat jeder seine eigene Open Source Lizenz geschrieben. Das war nicht besonders klug. Weil am Ende merkt man, man braucht nur drei oder vier und kann damit alles abdecken. Aber zu den Lizenzen kommen wir am Ende.
Letztlich auch und das denke ich ein bisschen speziell für Sie: Wie wirkt sich das denn aus, wenn man Software-Entwicklungen in Auftrag gibt? Heutzutage gibt es im Prinzip keine Software-Entwicklung mehr ohne Berücksichtigung von Open Source Lizenzen. Das musst auch die Industrie-, musste das lernen. Ja, finden Sie manchmal noch alte Vertragsmuster. Kein Open Source. Das weder bezahlbar, noch entspricht es der heutigen Entwicklung. Warum? Das hat einmal wirtschaftliche, aber auch technische Gründe. Software-Entwicklung ist heute viel modularer. Das heißt man bedient sich an Komponenten, Bibliotheken, die einfach Dinge umsetzen, die schon entwickelt wurde. Keiner erfindet da das Rad immer wieder neu. Zweitens wirtschaftlich, Sie haben gar nicht die Zeit und sagen wir mal, das Geld, um alles von Grund auf neu zu entwickeln. Sie würden auch nicht mehr die Qualität in der angemessenen Zeit kriegen. Das heißt, heute werden vorgeschriebene Komponenten verwendet. Und alles was Standard ist – ob es nun Datenbanken sind, irgendwelche Bibliotheken zur Komprimierung, oder was auch immer. Für all das, gibt es vorgefertigte Open Source Komponenten.
Das heißt, Open Source hat man heute sowieso. Was wichtig ist, wenn man und das ist ja auch in diesem Museumsverbund. Da geben Sie ja Dinge weiter. Das heißt, Sie sind dann die Lizenznehmer dieser Open Source Komponenten und müssen sich an die Lizenzpflichten halten. Also auf einmal, das ist sozusagen ein Winkel den wir haben. Der andere ist, Sie sind vielleicht Auftraggeber und möchten was entwickelt haben. Und was schreiben Sie dann da rein, was verwenden Sie da? Da wollen wir eine besondere Aufmerksamkeit am Ende darauflegen.
Softwareurheberrecht
Aber fangen wir ein bisschen an mit dem Software-Urheberrecht. Also, Sie können im Prinzip davon ausgehen, dass Software stets urheberrechtlich geschützt ist. Also die Anforderung nicht sehr hoch. Das gilt sowohl für den sogenannten Quell- oder Sourcecode. Das ist das was der Programmierer schreibt. Als auch der Object Code oder Binärcode. Das ist das was auf dem Computer abläuft, denn der Computer versteht ja am Ende sowieso nur Einser und Nuller, nämlich Schaltzustände. Das ist-, in welchem Modus die Software vorliegt, das spielt urheberrechtlich keine Rolle. Das ist immer geschützt und zwar das konkrete Programm, nicht irgendeine Funktionalität. Ja, also Sie können-, ich sag mal, einen PDF-Viewer können Sie neu entwickeln. Der hat die gleiche Funktionalität wie vielleicht schon zehn Bestehende. Urheberrechtlich geschützt ist nur der konkrete Programmcode, aber nicht die Idee, nicht die Funktionalitäten dahinter. Was ausgenommen sind, ist wirklich nur der ganz triviale Code. Datenformate zum Beispiel. Da gibt es vielleicht mal in dem Einzelfall, patentrechtlichen Schutz für irgendwelche Kompressionsdinge. Wie bei MP3 oder ähnlichem. Aber im Prinzip ist das Datenformat jedenfalls urheberrechtlich nicht geschützt. Und auch die meisten oder im Regelfall, die Schnittstelleninformationen. Muss uns an der Stelle vielleicht nicht allzu sehr kümmern.
Das ganze Software-Urheberrecht stammt aus europäischen Richtlinien. Aktuell ist es die 2009/24. Es ist so ein bisschen irreführend, weil das ist letztlich mehr oder weniger derselbe Text wie eine Richtlinie aus dem Jahr 1991. Und das ist der Ursprung des europäischen Software-Urheberrechts. Das heißt, wir haben in allen Staaten mehr oder weniger die gleichen Regelungen. Und tatsächlich ein Sonder-Urheberrecht. Warum? Weil zu diesem Zeitpunkt war es die einzige wirkliche digitale Werkgattung. Und dann hat man gedacht, oh Gott, oh Gott. Das kann man ja verlustfrei kopieren. Das müssen wir jetzt besonders und anders schützen als andere Werke der Musik, Literatur und Kunst. Deswegen haben wir da ein Sonderrecht. Wobei natürlich gewisse grundsätzliche Dinge durchaus gleich funktionieren. Nämlich die urheberrechtlichen Grundlagen. Und die sind nun mal, der Grundsatz ist-, das Urheberrecht ist ja ein Verbotsrecht. Ein Ausschließlichkeitsrecht. Der Urheber, der Rechteinhaber kann allen anderen die Vervielfältigung, Verbreitung, Bearbeitung verbieten. Das heißt für Sie, wenn Sie ein fremdes Werk, eine fremde Software nutzen wollen, dann brauchen Sie entweder eine gesetzliche Erlaubnis – muss also im Urheberrecht drinstehen. Das sind die sogenannten urheberrechtlichen Schranken. Die sind bei Software wesentlich schmaler, sage ich mal, als bei anderen Werken. Also so was wie Privatkopie, Zitat, Schrank, panoramafrei. Das gibt es alles nicht. Macht auch nicht immer Sinn. Aber zumindest Privatkopie hätte man ja drüber nachdenken können. Gibt es dort nicht. Sondern nur ganz beschränkte gesetzliche Gestattung. Und für alles andere brauchen Sie halt eine vertragliche Gestattung. Und das ist das, was wir Lizenz nennen. Also Lizenz ist letztlich ein Vertrag zur Einräumung urheberrechtlicher Nutzungsrechte. Darum geht es und das ist bei herkömmlicher Lizenzierung auch nicht anders als bei Open Source Lizenzierung.
Auf eine Schranke will ich Sie hinweisen, weil Sie, ich sag mal so, mit dem Volksglauben etwas nicht ganz konformgeht. Das ist der §69d UrhG. Das ist die wichtigste Ausnahme. Die wichtigste Schranke. Das heißt eine gesetzliche Erlaubnis. Das liest sich erstmal nicht besonders eingängig. Da heißt es, „die in 69c Nummer eins und zwei genannten Handlungen“, wissen Sie schon nicht was das ist. Das ist die Vervielfältigung und Bearbeitung eines Computerprogramms. Bedarf „nicht der Zustimmung des Rechtsinhabers, wenn sie für eine bestimmungsgemäße Benutzung“ – nicht Nutzung, Benutzung – „des Computerprogramms einschließlich der Fehlerberichtigung durch jeden zur Verwendung eines Vervielfältigungsstücks des Programms, Berechtigten notwendig sind.“ Sehr viele Nomen auf kleinem Raum. Also sprachlich sehr gelungen, wie Sie sehen. Was will uns das sagen? Die Idee ist: Wenn Sie ein Programm intern ablaufen lassen, auf Ihrem Rechner, dann werden Sie ja zwei Vervielfältigungen im Regelfall vornehmen müssen. Einmal die Installation auf der Festplatte. Und zweitens das Laden in den Arbeitsspeicher, wenn das Programm abläuft. Das haben Sie ja bei anderen Werken nicht. Der Werkgenuss des Lesens wird urheberrechtlich gar nicht erfasst. Sie lesen. Das ist keine urheberrechtlich relevante Handlung. Ein Programm ablaufen lassen schon. Und da sagt diese Ausnahme, wenn Du nichts anderes machst als das wofür das Programm da ist, nämlich installieren und ablaufen lassen, dafür brauchst Du keine Lizenz, wenn Du die Kopie rechtmäßig erworben hast. Das also keine Raubkopie ist. Heißt, um es mal runter zu brechen: Wenn Sie beim Media Markt sich ein Microsoft Office Paket kaufen, brauchen Sie keine Lizenz von Microsoft. Weil im Gesetz steht, Sie dürfen das installieren und ablaufen lassen. Das wiederspricht Ihrer Erfahrung, weil Ihnen ständig irgendwelche End User Licence Agreements und solche Dinge angezeigt werden. Das liegt daran, dass in den USA die Rechtslage an der Stelle etwas anders ist. Da braucht man noch eine Lizenz für die schlichte Benutzung. In Europa gilt das nicht. Klammer auf: Das gilt natürlich auch für Open Source Software. Also diejenigen, die zum Beispiel einen Android-Telefon haben. Da läuft Linux drauf. Das ist Open Source Software. Da müssen Sie keinen Lizenzvertrag mit den Open Source Rechte-Inhabern abschließen, wenn Sie nichts anderes machen als zu telefonieren und Smartphone-Geschichten, aber das jetzt nicht verändern oder Kopien an Dritte weitergeben. Alles andere, Weiterentwicklung oder Vertrieb von Kopien, da brauchen Sie dann wieder eine Lizenz.
Definition Open Source Software
Dann kommen wir zu Open Source Software. Da wird nämlich genau diese Sachen ermöglicht. Anders, Ellen hat das schon dargelegt: Bei Open Access und Open Data gibt es nicht ganz so scharfe Definitionen. Die Open Source Bewegung war da früh sehr eindeutig und einig, was das sein soll. Das heißt, wir haben einmal die Definition der Free Software Foundation – die Free Software Definition – und die Open Source Definition, die sehr klar definieren, was das ist. Und Sie denken sich, hm, warum habe ich jetzt hier auf einmal zwei Begriffe? Free Software und Open Source Software?
Ganz kurz, der ältere Begriff ist derjenige der freien Software – der Free Software. Wobei Free nicht für kostenlos steht. Sondern für Freiheit. Das wurde häufig missverstanden. Und die Menschen haben gedacht, hm, kostenlos taugt nichts. Das heißt, das wurde auch in der Wirtschaft wenig genutzt, zu der Zeit. Die Umbenennung oder der neue Marketingbegriff Open Source, diente eigentlich nur dazu, dass in der Wirtschaft angenehmer, zugänglicher zu machen. Meint aber nichts anderes. Die Definitionen beschreiben das gleiche Lizenzmodell. Wir können das deswegen an dieser Stelle synonym verwenden. Und wenn wir in die Definition reingucken, stellen die fest, es sind tatsächlich Beschreibungen eines Lizenzmodelles. Es geht nicht um das Entwicklungsmodell – dieses dezentrale Entwickeln, Linux-Entwickler auf der ganzen Welt, die dezentral zusammenarbeiten und nicht in einer Firma sind. Das ist nicht das Entscheidende. Sondern tatsächlich, was steht in der Lizenz. Und jetzt kommt das Schöne für den Nutzer. Diese Lizenzen verlangen, dass Sie mit der Software alles machen dürfen, was das Urheberrecht kontrolliert. Nämlich Vervielfältigung, Verbreitung, Bearbeitung und natürlich die Benutzung sowieso auch schon. Sie dürfen mit dieser Software alles machen.
Dementsprechend sind auch die Rechteklauseln in den Open Source Lizenzen immer sehr ähnlich. Vielleicht mal in der Formulierung anders, aber immer denselben Gehalt. Jedermann darf alles damit machen. Das ist sehr einfach. Wenn man also weiß, das ist eine Open Source Lizenz, dann hat man schon ein sehr gutes Verständnis von dem, was man mit der Software machen darf.
Definition Open Source Software – Voraussetzungen für die Wahrnehmung der Rechte
Man hat aber weitergedacht. Man hat gesagt: Naja – und das ist eine Besonderheit an Software – etwas mit einer Software zu dürfen, heißt ja noch nicht, es zu können. Ja, denn anders als andere Werke, Sie können Software – jedenfalls bei den komprimierten Sprachen – nur verändern, wenn Sie auch den Quellcode haben. Sonst haben Sie da Nuller und Einser und können nichts da dran ändern. Deswegen muss der Sourcecode frei zugänglich sein, sonst genügt es nicht der Definition. Und – das ist wichtig – es muss Lizenzgebührenfrei sein. Also Sie dürfen nicht dafür, dass Sie jemandem das weitergeben-. Darf niemand von Ihnen ein Entgelt verlangen. Das heißt, Lizenzgebühren ist ein Entgelt für die Einräumung von Nutzungsrechten. Das heißt keineswegs, dass es nicht kommerziell wäre. Das sind zwei unterschiedliche Dinge. Das müssen wir ganz deutlich auseinanderhalten – viel deutlicher, als das sozusagen bei herkömmlicher Lizenzierung ist, wo man sagt, ich kaufe Lizenzen. Oder solche umgangssprachlichen Begriffe. Wir müssen die ganz klar trennen, zwischen der Software selbst und Rechten an der Software. Sie können für die Software – für die Bits und Bytes auf dem Datenträger oder für den Download, oder für Dienstleistung darum herum – dürfen Sie ein Entgelt verlangen. Nicht aber für die Einräumung dieser umfassenden Nutzungsrechte. Und der Unterschied, der wird deutlich, wenn die Software vom Lizenznehmer weitergegeben wird. Dafür muss er nämlich niemandem etwas zahlen. Wenn er nicht möchte. Er darf es kostenlos weitergeben.
Publikum: Können Sie ein Beispiel nennen?
Till Jaeger: Na, ein Beispiel wäre es, wenn ich jetzt eine Linux Distribution bei Red Hat kaufe, bezahle ich dafür. Da zahl ich auch vielleicht eine Subskriptionsgebühr für Support und für Updates und ähnliches. Aber ich kann diese Software kopieren und kostenlos weitergeben. Da kann nicht Red Hat sagen: „Das darfst Du nicht.“ Ja, weil dieses Linux, also jetzt mal beschränkt auf Linux – ist alles unter einer Open Source Lizenz. [Das] darf man kostenlos weitergeben.
Definition Open Source Software – Ausschluss von speziellen Lizenzbedingungen
Und schließlich die letzte Voraussetzung ist keine Diskriminierung von Personen. Das heißt, das sind sogenannte Jedermann-Lizenzen. Deswegen heißen die auch regelmäßig Public Licenses. Jedermann kann Lizenznehmer werden. Sie haben das gesehen in dem ersten Vortrag [von Ellen Euler]. Bei der 32 Urheberrechtsgesetz erwähnt. Ein einfaches Nutzungsrecht hat Jedermann, das heißt letztlich Open Source, Open Content Lizenzierung. Keine Beschränkung auf irgendeinen Benutzerkreis. Und auch keine Beschränkung dessen der Anwendungsbereiche. Sie können Open Source Software auch, ich sag mal, im Militär oder im Atomkraftwerk einsetzen. Es gibt da überhaupt keine inhaltlichen Beschränkungen. Also, von den Rechten extrem weitgehend.
Was ist nicht Open Source Software/Free Software?
Was ist nicht Open Source Software? Ganz kurz. Wenn gar nichts dabei steht. Ja, auch das finden Sie, zum Beispiel in den klassischen Repositories. Also in, sozusagen in Softwarearchiven. Auf GitHub oder so, finden Sie auch Projekte, da steht gar keine Lizenz. Das ist nicht Open Source, obwohl der Quellcode offen liegt. Weil Sie nicht die Rechte eingeräumt kriegen, die Sie brauchen. Muss immer das mit einer Lizenz verbunden sein, die Ihnen das erlaubt. Das ist, ich sag mal, für Programmierer nicht immer so ganz erfreulich, weil die auch in vielen Foren auch Code austauschen. Wenn keine Lizenz dabei ist, darf es eigentlich jemand anders nicht nachnutzen. Weil nicht klar ist, in welchem Umfang.
Wie gesagt, Source Code alleine, Zugang reicht nicht aus, sondern die Rechte sind das Entscheidende. Und hier steht Free für kostenlos bei der Freeware. Also Freeware ist was anderes als Free Software. Und Freeware, das sind solche Sachen wie Adobe Reader oder die Lizenzen für die JAVA Virtual Machine, oder ähnliche Dinge. Das können Sie zwar kostenlos herunterladen. Das dürfen Sie auch intern kostenlos einsetzen. Aber Sie dürfen es im Regelfall nicht bearbeiten, im Regelfall nicht weitergeben, oder nur unter bestimmten Auflagen.
Das OSS-Lizenzmodell
Ja, damit kommen wir so-, nun nähern wir uns dem Open Source Lizenzmodell. Wenn wir jetzt die Definition haben und die urheberrechtlichen Grundlagen. Das heißt, wir sehen schon, es geht hier nicht um einen Verzicht von Urheberrechten. Das ist der Sonderfall Public Domain. Da versucht man auf Urheberrechte zu verzichten, was im kontinental-europäischen Raum sowieso nicht so einfach funktioniert. Aber, das soll uns an der Stelle nicht kümmern. Sondern die klassischen Open Source Lizenzen sind tatsächlich Software-Lizenzen, die die Besonderheit haben, dass sie sich an Jedermann richten. Dass sie sozusagen Standardlizenzen sind und nicht individuell abgeschlossen werden, obwohl lauter einzelne Lizenzverträge zustande kommen. Man fragt sich, wie kann denn das eigentlich sein? Wie kommt denn da ein Vertrag zustande? Ruf ich Linus Torvalds an oder schicken wir uns einen Vertrag hin und her? Machen Sie natürlich nicht. Sondern das funktioniert letztlich wie beim Kaugummi-Automaten. Den Anbieter von Kaugummis, den interessiert es auch nicht, wer die Kaugummis kauft. Der kennt seine Vertragspartner nicht und möchte sie vielleicht auch gar nicht kennen. Und der Vertragsschluss funktioniert auch nicht durch einen, sage ich mal, schriftlichen oder ausdrücklichen Kontakt, sondern Sie werfen eine Münze rein. Der Jurist nennt das konkludentes Handeln. So schließen Sie einen Vertrag ab. Und das ist genauso bei Open Source Lizenzen. Indem Sie eine urheberrechtliche Handlung vornehmen, die Sie sonst nicht dürften – sie vertreiben Open Source Software – zeigen Sie, dass Sie mit den Lizenzbedingungen einverstanden sind. Und so kommt der Vertrag zustande.
Ich hatte schon häufiger vor Gericht, wo ich unter anderem auch Entwickler und Rechteinhaber vertrete, wo dann, sagen wir mal, die die Lizenzverletzungen begangen haben, sagen: „Ja, das ist ja alles unwirksam. Unwirksame AGB. Und ich habe den Vertrag gar nicht abgeschlossen.“ Hat ihnen aber nichts geholfen, weil die Gerichte immer zurecht gesagt haben: „Naja, wenn Du keinen Lizenzvertrag abschließen willst, musst Du es nicht tun. Aber dann hast Du auch keine Lizenz. Und dann gilt das allgemeine Urheberrecht und dann ist die Verbreitung und Vervielfältigung der Softwarekopien halt Urheberrechtsverletzung.“ Also, Sie müssen sich schon an die Lizenzen halten, wenn Sie die Software nutzen wollen.
Inzwischen haben wir zahlreiche Urteile in diesem Bereich. Wir haben leider auch ähnlich wie bei Create of Comments, nicht nur, sagen wir mal, welche, die die Rechte im Sinne aller durchsetzen, sondern wir haben auch sogenannte Copyleft oder Copyright Trolle. Die versuchen, daraus Geld zu schlagen, zum persönlichen Vorteil. Ist nicht sehr gut angesehen in der Open Source Community. Gibt es auch extrem selten, wenn man die Zahl der Rechteinhaber sieht. Aber es gibt es halt schon und-. Aber da komm ich auch nachher noch ein bisschen bei der Rechtsdurchsetzung drauf.
Linux-Klausel – [da] wurde schon drauf hingewiesen. Jetzt für Sie, vielleicht das nochmal kurz bildlich dargestellt, so eine ganz klassische Konstellation. Sie haben Rechteinhaber-. Aber häufig sind es natürlich nicht einer, sondern zum Beispiel beim Linux-Kernel sind es so um die 15.000. Die bieten ihre Software unter einer Open Source Lizenz an, indem sie in der Rolle des Distributoren sind. Das ist, ich sag mal so, bei einem Handy, der Hersteller – ob das nun Huawei oder SONY oder sonst jemand ist. Der nimmt fremde Open Source Software. Also, der ganze Embedded Markt. Das Auto, der Fitnesstrainer, überall heutzutage ist ja Software drin und damit auch Open Source Software. Das sind alles Distributoren. Können aber auch klassische Software-Distributoren sein, wo Sie sich von der Webseite das runterladen, oder im Laden eine CD kaufen. Das heißt, sie brauchen eine Lizenz, weil sie die Software ja vervielfältigen und verbreiten. Und als Endkunde, ja in dem Verhältnis des Vertriebs, da werden keine Lizenzvertreter abgeschlossen. Erstmal. Oder im Regelfall. Ja, da werden Produkte vertrieben. Hardware, Software. Nehmen Sie zum Beispiel ein Mobiltelefon mit Android. Da schließen Sie keine Lizenzverträge mit dem Hersteller ab. Brauchen Sie nicht. Ja, der §69d erlaubt Ihnen, das ablaufen zu lassen, mehr machen Sie eh nicht. Da reicht Ihnen der §69d aus. Und würden Sie jetzt auf die Idee kommen und sagen: „Hm, ich bin doch sehr qualifiziert. Und das ist eine interessante Android-Version. Ich nehme daraus den Linux Kernel und pass den an und möchte ihn vertreiben.“ Das dürfen Sie tun, dann brauchen Sie Rechte, weil Sie die Software bearbeiten wollen, weil Sie es vielleicht auf Ihrer Webseite anbieten wollen. Und woher bekommen Sie die? Nicht vom Distributor, sondern, weil das alles Direktlizenzen sind., von den Rechteinhabern. Ohne, dass Sie mit denen jetzt vielleicht einen persönlichen Kontakt haben, wie am Kaugummiautomat. So funktioniert das Modell. Ja?
Publikum: Kurze Frage. Wenn wir nochmal in dem Beispiel der Office-Software, die ich im Media Markt kaufe, bei der ja auch, wenn ich es richtig verstanden hab, der §69d zum Tragen kommt. Worüber schließ ich den Kaufvertrag? Den Datenträger?
Till Jaeger: Den Datenträger und die Software. Die Software selbst. Aber nicht die Rechte an der Software.
Publikum: Und was ist der Unterschied zwischen dem Erwerb der Software und dem Erwerb einer Lizenz einer Software?
Till Jaeger: Weil die Software sind Bits und Bytes. Das ist was auf Ihrem Rechner funktioniert. Die Rechte alleine, mit denen können Sie keine Excel-Tabellen erstellen, ja? Die Software kaufen Sie. Die erwerben Sie. Und das Urheberrechtsgesetz sagt Ihnen, Sie dürfen das auch installieren und ablaufen lassen. Sie haben einfach mit Nutzungsrechten nichts zu tun. Genauso wie wenn Sie ein Buch kaufen, schließen Sie dann einen Lizenzvertrag ab, wenn Sie ein Buch kaufen? Auch nicht. Und das ist das Äquivalent.
Sie erwerben, Sie kaufen ein urheberrechtlich geschütztes Werk, um in den Werkgenuss zu kommen. Musik hören, Buch lesen, Software ablaufen lassen. Und nur, wenn Sie darüber hinaus gehen, dann brauchen Sie eine Lizenz. Man ist so verwirrt. Das kann ich gut verstehen. Weil Sie ständig irgendwelche Lizenzverträge angezeigt kriegen, die aber möglicherweise gar nicht relevant sind. Das kommt aus dem US Copyright System.
Deswegen immer beachten: Unterschiedliche Vertragsgegenstände – die Software selbst und die Rechte an der Software. Und die Rechteinhaber bieten nicht notwendig Software an. Und die Distributoren bieten nicht notwendig Rechte an. Das heißt, das muss man auch sorgfältig auseinanderhalten damit man die Vortragsbeziehungen richtig beieinander hat.
Lizenzpflichten
Wenn wir uns jetzt anschauen, Open Source Lizenzen, habe ich schon erwähnt. Da werden wir feststellen, die Rechteklauseln sind praktisch mehr oder weniger immer gleich. Das ist einfach. Aber die Lizenzpflichten können abweichen. Denn in der Definition steht ja drin: Ja, ja, ich darf keine Lizenzgebühren verlangen, ich muss das Jedermann anbieten. Das heißt aber nicht, dass ich nicht irgendwelche Pflichten auferlegen kann. Und da gibt es doch relativ zahlreiche und auch unterschiedliche Pflichten. Ich habe es erwähnt. Weil in der Anfangszeit die Rechteinhaber dachten: „Ach für jede Software schreibe ich mir mal eine eigene Lizenz. Und die gilt dann auch nur für diese Software. Und jeder Mensch benutzt auch diese Software so singulär.“ Das hat sich komplett geändert. Also wenn Sie zum Beispiel heutzutage eine JAVA-Entwicklung sehen. Das sind ja alles in der objektorientierten Entwicklung lauter einzelne Klassen-Bibliotheken. Da habe ich manchmal Mandanten, die kommen dann mit einer Tabelle. Da sind dann 200 verschiedene Open Source Komponenten unter 40 Lizenzen drin. Das ist unerfreulich. Erklär ich Ihnen noch, warum das unerfreulich ist. Aber daher stammen diese vielen Lizenzen. Man hat später erkannt, dass das eigentlich keine gute Entwicklung ist und versucht heute mehr und mehr auf wenige Standardlizenzen zurückzugehen. Und es ist auch so, dass 90 Prozent allen Open Source Codes, unter vielleicht acht bis zehn Lizenzen stehen. Aber es tauchen halt immer nochmal eine ganze Menge anderer auf, weil kleine Teile auch relevant sein können.
FOSS Lizenzen – Lizenzpflichten und Copyleft
Wenn wir uns diese Lizenzpflichten angucken – jetzt mal auf einer abstrakten Ebene – stellen wir fest, es gibt einmal sogenannte Vertriebspflichten. Ich muss Source Code mitliefern. Ich muss den Urheber benennen. Ich muss den Lizenztext mitliefern. Ich muss vielleicht in der Dokumentation irgendwie einen Hinweis machen. Solche Dinge. Die aber unterschiedlich sind, je nach Lizenz. Aber letztlich, sage ich mal, eher eine Fleißarbeit sind. Und es gibt die sogenannten Lizenzierungspflichten. Was heißt das? Da entscheiden sich eigentlich die Open Source Lizenzen bei der Frage: Wenn ich eine vorbestehende Software weiterentwickle, dann erwerbe ich ja ein eigenes Bearbeiter-Urheberrecht an dieser weiterentwickelten Software. Was muss ich denn damit machen? Bin ich frei, dieses Bearbeiter-Urheberrecht beliebig zu lizenzieren? Klammer auf – auch Lizenzgebühren zu verlangen, oder das proprietär zu nutzen – Klammer zu. Oder muss ich meine Änderung auch wieder als Open Source Software Jedermann zur Verfügung stellen?
Dieses zweite Element, das ist das sogenannte Copyleft. Eine Idee des US-Entwicklers Richard Stallman, noch aus den 80er Jahren. Der gesagt hat: „Das macht ja keinen Sinn. Software-Entwicklung ist ja darauf ausgerichtet, dass Software immer weiterentwickelt wird. Und wenn da jeder hingehen könnte und seine Weiterentwicklung, proprietär-. Dann funktioniert dieses Modell der kollaborativen Software-Entwicklung nicht.“ Deswegen hat er sich ausgedacht – und das ist tatsächlich eine juristische Innovation gewesen – das Urheberrecht eigentlich etwas auf den Kopf zu stellen. Deswegen Copyleft. Statt Copyright. Nämlich das Urheberrecht nicht zu verwenden, um Lizenzgebühren zu generieren, sondern den freien Zugang sicher zu stellen. Das ist eigentlich wirklich eine sehr verrückte, innovative Idee, die aber funktioniert. Und sagt: „Okay, ja, wenn ihr sozusagen in dem Modell mitspielen müsst. Dann müsst ihr auch den Source Code herausgeben. Und eure Änderung auch wieder an Jedermann lizenzieren. Damit alle die gleichen Rechte daran haben.“ Das was vorhin schon als Allmende bezeichnet wurde, digitales Allmende. Eine wirklich innovative Idee, die Juristen viele schlaflose Nächte bereitet hat, aber am Ende des Tages doch funktioniert.
Folgen bei Lizenzverletzung
Das heißt, bei den Rechten, dass sind die Mindestanforderungen der Lizenzen. Die Pflichten, da zeigen sich die Unterschiede. Und man kann diese auch klassifizieren. Das schauen wir. Und diese Pflichten werden und da wird es so, vielleicht auch mal ein bisschen unangenehm. Die werden nämlich dadurch gesichert, dass die Nutzungsrechte nur bedingt eingeräumt werden. Das heißt, wenn ich die Pflichten verletze, fallen die Rechte automatisch weg. Und das ist nicht so schön, weil man da dann sofort zum Urheberrechtsverletzer wird. Jetzt kann man sagen, okay, ich muss ja nicht dafür zahlen. Da kann ich ja dafür sorgen, dass ich die Rechte einhalte. Nämlich, sage ich mal, den Lizenztext mitliefere. Das ist durchaus angemessen. Ist es im Prinzip auch. Das Problem entsteht, es gibt so viele Lizenzen. Da sind manchmal Pflichten drin, die heute gar keinen Sinn mehr machen, weil sie 1991 zum Beispiel bei der GPL2 entwickelt wurden. Das heißt, da gibt es heutzutage durchaus Friktionen, die dazu geführt haben, dass zum Beispiel, die großen Industrieunternehmen eigene Compliance-Abteilungen haben, eine Open Source Compliance-Abteilung, wo sich Leute darum kümmern, diese Lizenzpflichten einzuhalten, um ja keine Urheberrechtsverletzung zu begehen.
Führt zu einer relativ starken Stellung der Rechteinhaber. Und ja, macht heutzutage mehr Umsetzungsmühe als erforderlich wäre, wenn man heute nochmal neue Lizenzen schreiben würde. Dann würde man die viel einfacher schreiben. Es gibt auch so Tendenzen, Mozilla Public Licence hat das vorgemacht. Wenn Sie da die Version 1.1 lesen, dann kriegen Sie Kopfschmerzen beim Lesen. Wenn Sie die 2 lesen, die ist wesentlich einfacher, klarer, flexibler in der Umsetzung. Das haben wir aber noch nicht überall.
[listet Beispielurteile] Da will ich jetzt nicht zu sehr eingehen. Die Folgen bei Lizenzverletzungen. Es gibt diese Urteile. Man muss sich an die Lizenz-, nein, das ist jetzt nicht nur ein Kavaliersdelikt, sondern wie gesagt, eine Urheberrechtsverletzung. Und Unterlassungsbeseitigungsauskunfts- und möglicherweise Schadensersatzansprüche der Rechteinhaber können vorkommen. Das heißt, bitte, wenn Sie Open Source Software weitergeben. Nicht, sozusagen um nichts kümmern. Sondern tatsächlich die Lizenzpflichten ermitteln und erfüllen. Sie sind im Regelfall ja nichts, was nicht umsetzbar wäre. Es ist eher eine Fleißarbeit.Lizenztypen
Wenn wir uns jetzt diese Vielzahl der Lizenzen angucken, können wir sie gruppieren, sie typisieren. Und die klarste Form der Typisierung ist über diese Copyleft-Pflicht – nämlich Weiterentwicklung unter der Ursprungslizenz freizugeben. Das haben nicht alle Open Source Lizenzen. Es gibt auch diese sogenannten Permissive Lincenses, oder Non-Copyleft-Lizenzen. Das sind häufig ganz kurze Lizenztexte. Die räumen nur Rechte ein und haben keine Vorgaben, für was mit Weiterentwicklungen passieren muss. Das gibt durchaus-, werde Ihnen ein paar Beispiele zeigen, bekannte Lizenzen. Die können Sie auch, zum Beispiel eben in proprietäre Programme mit einbauen, ohne da irgendwelche Beschränkungen zu haben.
Bei der Copyleft-Lizenz ist das anders. Da müssten Sie dann das Programm entweder insgesamt oder teilweise auch wieder als Open Source freigeben. Und je nachdem, wieweit dieses Copyleft reicht, spricht man von strengen Copyleft-Lizenzen. Wenn es nur, sagen wir mal, kleinere Teile ist innerhalb einer Bibliothek oder so was, dann ist es ein beschränktes Copyleft.
Ich habe Ihnen mal ein paar aufgelistet. [Unter den] Lizenzen mit strengem Copyleft ist die Wichtigste sicherlich mit Abstand die DPL, in der Version zwei und drei. Das ist auch, ja, eine der ältesten und bekanntesten Lizenzen. Die Version zwei stammt von 1991. Die Affero GPL ist praktisch ein Ableger. Die hat die Besonderheit, dass sie auch Software-, also Service, also Cloud-Dienste, so wenn ich eine Kopie übergebe, mitberücksichtigt. Die anderen haben nicht eine so große Bedeutung, vielleicht noch Eclipse Public License für die ganzen JAVA-Entwicklung. Aber auch die ist nicht mehr so relevant, weil es ja im letzten Jahr eine Version zwei gibt, die noch ein beschränktes Copyleft hat. Da sind die LGPL und die MPL zu nennen. Und bei den Non-Copyleft-Lizenzen, vielleicht hat der eine oder andere es schon gehört, die BSD-Lizenzen von der University of Berkeley. Berkeley Software Distribution. Die gibt es schon seit Mitte der Achtziger Jahre. Apache License, MIT, das sind die Bekanntesten. Aber es gibt viele, viele mehr.
Das ist mal, habe ich vorhin schon angesprochen, so ein bisschen die Verteilung [zeigt ein pie chart der Lizenztyp-Verteilung]. Die 20 verbreitetsten Open Source Lizenzen. Sie sehen, MIT, GPL, APACHE, GPL, BSD, LGPL, da sind Sie schnell bei 70, 80 Prozent mit nur einer Handvoll Lizenzen. Da lohnt es sich, die sich ein bisschen genauer anzuschauen und zu kennen. Die andren sind häufig ähnlich, aber haben kleinere Abweichungen.
Informationen zu Lizenztypen – das Lizenz-Center des ifrOSS
Das wurde schon angesprochen, das ist das Lizenzcenter des ifrOSS [Institut für Rechtsfragen der Freien und Open Source Software]. Da haben wir die Lizenzen tatsächlich mal klassifiziert. Das finden Sie sonst nicht im Netz, weil es ja auch eine inhaltliche Bewertung ist. Und das haben wir jüngst in ein GitHub-Projekt ausgelagert, um es besser pflegen zu können. Es gibt also einen relativ aktuellen und gepflegten Zustand. Und wenn Sie das so angucken. Lizenzen ohne Copyleft. Keine Angst kriegen. Aber es gibt nun mal viele, viele, viele, viele, viele, viele Lizenzen. Eine große Zahl spielt überhaupt keine praktische Bedeutung mehr. Aber Sie sehen schon, nur die Permissive Licenses sind schon über 100. Und naja, da kommt schon einiges zusammen. Aber die sind hier mal alle aufgeführt. In dem Lizenzcenter gibt es das auch für Open Data Lizenzen und ähnliches. Also, wenn Sie mal was suchen und zuordnen wollen, oder eine Lizenz sich anschauen wollen, ist das vielleicht eine ganz gute Quelle.
Die Reichweite von Copyleft
Ein ganz kurzer Blick nur. Das würde den Rahmen sprengen, wenn wir uns genau anschauen. Ich kann dazu zwei Tagesseminare halten. Nur zu der Frage, der Reichweite des Copylefts. Warum ist das so problematisch? Weil wir im Software-Urheberrecht nicht so genau wissen, was ist eine Bearbeitung eines Programms. Das klingt Ihnen erst mal so, ja, warum. Wenn jemand da drin verändert. Das Problem ist aber, wir haben ja Komponenten. Und wenn Sie zwei Komponenten zusammenarbeiten lassen: Sind das zwei Programme oder ist das ein Programm? Weil Sie können programmiertechnisch jede Änderung in eine eigene Komponente auslagern, formal. Das heißt, da stellen sich sehr schwierige Abgrenzungsfragen, wo es keine Rechtsprechung zu gibt. Wo im Gesetz nichts zu drin steh. Was anders ist als bei anderen Werken, so dass es da doch viel Unklarheit gibt. Das ist aber jedenfalls dann von Bedeutung, wenn Sie sich fragen: „Muss ich denn eigene Entwicklungen, zum Beispiel, wenn ich DPL-Komponenten habe, auch unter der GPL lizenzieren? Oder kann ich meine eigene Lizenz nehmen? Weil es ein eigenes Programm ist.“
Letztlich spielt es auch für die Kompatibilität mit anderen Open Source Lizenzen eine Rolle. Weil-. Beispiel, Sie nehmen einen Code von fünf Open Source Projekten, packen das in ein Programm und haben da drin eine Copyleft-Lizenz, die sagt, muss alles unter der GPL sein. Verträgt sich das mit den anderen Lizenzen? Oder haben die widersprechende Lizenzpflichten? Auch das ist ein relativ kniffliges Thema, das Software-Hersteller beachten müssen.
Es gibt jetzt ein Verfahren vom OLG Hamburg, bin ich auch als Vertreter beteiligt. Aber ich sage mal, die erste Instanz war komplett überfordert. Und ich erwarte auch nicht so richtig in der Zweiten, dass dort der Gordische Knoten durchschlagen wird.
Open Source in Softwareverträgen
Jetzt zum Schluss noch ein Blick, wie es Open Source Software-Verträgen zu berücksichtigen, wenn Sie etwas in Auftrag geben. Oder wenn Sie etwas weitergeben. Ich habe hier unterschieden zwischen Einkauf und Weitergabe. Wenn Sie Software einkaufen, ist es zunächst einmal natürlich primär ein Thema des Anbieters. Wie gesagt, Sie müssen davon ausgehen, dass der Open Source Komponenten verwendet, weil der sonst gar nicht wettbewerbsfähig ist. Es gibt ganz wenige Ausnahmen. Aber im Regelfall wird das drin sein. Ich habe ja auch viele Mandanten aus dem herkömmlichen Softwarebereich. Und der klassische Dialog läuft so ab: „Ja, haben Sie das alles selbst entwickelt?“ „Ja.“ „Haben Sie Open Source Software verwendet?“ „Ja.“ Widersprüchlich. Viele Firmen sehen das gar nicht als Verwendung von Drittkomponenten an. Sondern für die ist das so wie, ja wie Handwerkszeug. Aber natürlich haben sie dann diese Lizenzen zu beachten. Warum man darauf im Einkauf achten sollte, ist nämlich, wenn Sie es später weitergeben, dann müssen Sie ja selber die Lizenzpflichten beachten. Und wenn Sie nicht wissen, was da überhaupt an Open Source drin ist. Und welche Lizenzen, dann fällt Ihnen das schwer. Das heißt, Sie müssen Ihre Anbieter doch so etwas dazu hindrängen, wenn die das nicht von sich aus machen, dass sie tatsächlich die Lizenzpflichten beachten. Dass sie wissen, welche Komponenten sind drin unter welchen Lizenzen. Und auch den Source Code dazu bekommen.
Das Zweite ist natürlich, was ist mit dem, was Sie tatsächlich an Entwicklung beauftragen? Auch da kann man sich ja die Frage stellen, welche Rechte erwerbe ich daran? Und auch dieses müssen Sie klären. Es gilt nicht einfach nur der Satz, wer bezahlt schafft an, in Anführungsstrichen. Das heißt, ich krieg automatisch alle Rechte. Das ist im Urheberrecht nur bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern bei Softwareentwicklung als Ausnahme der Fall. In anderen Fällen sollten Sie das unbedingt vertraglich regeln. Den Umfang der eingeräumten Rechte. Und wenn Sie planen, Software zwischen Museen zu teilen, also weiterzugeben, dann ist natürlich eine Open Source Lizenz ein sehr schönes Tool, weil es Ihnen das unproblematisch erlaubt. Das können Sie auf zweierlei Wegen erreichen. Nämlich entweder, indem Sie sagen: „Bitte alles Open Source. Und wenn Du was individuell entwickelst, dann musst Du das auch unter eine Open Source Lizenz stellen.“ Oder Sie lassen sich so umfangreiche Rechte einräumen, dass Sie es selbst unter eine Open Source Lizenz stellen können. Aber das verlangt natürlich, dass Sie sich damit in den Vertragsbedingungen beschäftigen. Und ich sage mal so, leidige Erfahrung, insbesondere bei allem was öffentliche Hand ist.
Vendor Login
Wenn man darauf nicht achtet, hat man oftmals das Problem des sogenannten Vendor Login. Das heißt, ich habe mir eine Software entwickeln lassen. Das ist keine Standardsoftware. Das ist von einem Anbieter. Ich brauche Weiterentwicklung und auf einmal ist der Preis sehr hoch. Oder noch schlimmer, der Anbieter ist insolvent. Und dann haben Sie zwar vielleicht ein schönes Programm, aber Sie wissen Programmentwicklung ist ein unendlicher Prozess, der hört nie auf. Und das ist sehr, sehr schädlich. Der zweite Punkt ist, den ich nie verstanden habe, warum die öffentliche Hand nicht ohnehin alles was sie beauftragt und wofür sie ja auch bezahlt, diese Entwicklung sozusagen unter Lizenzen hat, dass sie das zu mindestens an andere Inhaber der öffentlichen Hand weitergeben können. Das ist mir ein Rätsel. Auch bei anderen Inhalten. Das ist ja schon mal bezahlt. Und öffentliche Hand ist für mich öffentliche Hand.
Es gab mal eine Initiative auf EU-Ebene – IDABC – die haben das tatsächlich die Idee gehabt, sozusagen so eine Art Plattform zu machen. Die öffentliche Hand zusammenzubringen. Das wurde entwickelt und das darf dann jeder nutzen. Die haben auch eine eigene Lizenz entwickelt – die European Union Public License. Faktisch hat es aber nicht oder nicht ausreichend funktioniert. Aus-, ich sag mal, als Steuerzahler, sehe ich das mit leichtem Grausen. Ich habe Ihnen ja gesagt, Softwareentwicklung ist modular. Natürlich hat jeder andere Anforderungen vielleicht. Aber wahrscheinlich wird da immer ein Großteil von schon bestehenden Entwicklungen wiederverwenden können. Und dann geht es eigentlich nur noch um die Rechte. Aber das können wir gerne nachher noch diskutieren.
Wichtig ist, an der Stelle zu Open Source, wenn Sie untereinander Software weitergeben, dann ist das eine Vertriebshandlung und dann brauchen Sie dafür die Rechte. Da brauchen Sie eine Lizenz. Und wenn es Open Source Software ist, dann müssen Sie auch die Lizenzpflichten einhalten. Denn alle Open Source Lizenzpflichten knüpfen an die Weitergabe an. Das heißt, wenn Sie rein intern eine Open Source Lizenz benutzen, gilt der §69d. Und es gibt auch keine Lizenz, die da irgendwas regeln will, sondern die knüpfen alle Lizenzpflichten an die Weitergabe. An die Verbreitung.
Freie Dateiformate für Nachhaltigkeit
Ja, und dann habe ich jetzt hier noch mal mir erlaubt, auf das Thema freie Dateiformate für Nachhaltigkeit hinzuweisen. Weil das natürlich auch eine Frage der Software-Umsetzung ist. Und Museen ja auch, sagen wir mal, wünschenswerterweise ihre digitalisierten Inhalte oder überhaupt ihre Inhalte langfristig – und ich spreche da nicht von fünf Jahren – sondern wirklich langfristig nutzen können. Und das ist, wie wir wissen, ein nicht unerhebliches Thema. Ja, jeder der irgendwie seine alten Word-Dokumente von vor zehn Jahren öffnen will, merkt auf einmal, funktioniert nicht. Und das beim selben Anbieter. Da gibt es, da wollt ich Sie mal auf das sogenannte PREFORMA-Projekt, das ist ein EU-gefördertes Projekt, [aufmerksam machen]. Die freie Datenformate an der Entwicklung gearbeitet haben. Ich habe hier auch einen Aufsatz für Sie. Wenn Sie sich mit dem Thema zu tun haben. Da sollte man sich Gedanken machen. Weil Open Source Software heißt ja noch nicht notwendigerweise auch freie Formate. Freie Formate ist nochmal ein spezielles Thema.
Die Idee ist natürlich, dass Sie ein freies Format immer mit einer neuen Software-Entwicklung auch wieder lesbar machen können. Verwendbar machen können.
Vergaberecht und EVB-IT
Und dann zum Schluss, da Sie ja als Museen, ich habe vorhin ja kurz gefragt, ja auch an das Vergaberecht gebunden sind, möchte ich Sie auf folgendes hinweisen: Ich weiß nicht wer EVB-IT schon verwendet hat? Es ist eine große Freude, diese geschmeidig geschriebenen Texte zu lesen. Die sind in Zusammenarbeit der Software-Industrie-, der proprietären Software-Industrie – die inzwischen gar keine proprietäre Software-Industrie ist, aber manchmal immer noch so denkt. Und dem Innenministerium entstanden – und ich, ja ich will nicht über die Qualität jetzt ins Detail gehen. Aber Sie sind ja gehalten, diese zu verwenden. Und die Nutzungsrechtsklauseln darin, sind nur auf proprietäre Software ausgerichtet. Und das ist ein großer Hinderungsgrund bei der Ausschreibung, der es auch Open Source tauglich zu machen. Und man muss schon, ich sag mal, sehr, sehr gut, sich mit Lizenzrecht auskennen, um das selbst hinkriegen zu können. Deswegen hat die Open Source Business Allience meine Wenigkeit beauftragt, den Ausschreibern, den Vergabefällen zu helfen. Sie finden da eine Handreichung mit Texten für alle relevanten EVB-ITs. Wo Sie sozusagen die ergänzen können, um Regelungen die das Open Source konform machen. So, dass Sie auch Open Source ausschreiben können. Das können Sie einfach da rauskopieren. Und verwenden. Das ist natürlich unter einer Open Content Lizenz, die Ihnen das erlaubt. Ja, soviel von mir. Wir sind jetzt ein bisschen spät dran. Aber ich hoffe, Sie haben, zumindest erstmal für die Diskussion und die Fragen, auch einiges mitbekommen.
museum4punkt0: Herzlichen Dank.
Zugehörige Materialien
- Präsentation zum Vortrag zum Downloaden (PDF-Dokument; 367 KB; nicht barrierefrei)
- ifrOSS-Lizenz-Center auf GitHub
- Handreichung zur Nutzung von EVB-IT beim Einsatz von Open Source Software
Interner Workshop: Praxisbezogen Lizenzformen ermitteln, Argumente für OpenSource-Lösungen sammeln
Im Anschluss standen uns Till Jaeger und Ellen Euler als Moderatoren und Inputgeber im Workshop zur Verfügung, an dem Vertreter der museum4punkt0-Teilprojekte teilnahmen. Da es in jedem Teilprojekt andere Erfahrungen und Voraussetzungen bei der Verwirklichung von Open Access/Open Source-Grundsätzen gibt, entwickelten sich hier lebhafte Diskussion um Möglichkeiten und Grenzen. Doch unseren Moderatoren gelang es durch aufmerksames Zuhören, die jeweiligen Bedürfnisse zu ermitteln und jeweils rechtsichere Lösungsmöglichkeiten vorzuschlagen.
Kreativität in der Argumentation und etwas schauspielerisches Talent waren in anschließenden Spielszenen gefragt. Hier galt es, verschiedene, zunächst ablehnend eingestellte Interessengruppen von den (auch wirtschaftlichen) Vorteilen des freien Zugangs zu Wissen und Software zu überzeugen.
Mit den im Workshop vermittelten Kenntnissen gewinnen wir Sicherheit in Vertragsverhandlungen und Vertragsgestaltung. Da uns weiterhin skeptische Haltungen zu Open Access/Open Source-Lösungen begleiten werden, wird es genügend Gelegenheit dazu geben, die Überzeugungskraft unserer Argumente zu erproben.
Beitrag von: Karsten Goletz